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Jagd auf Kohlenklau Brettspiel

Hinter dem Brettspiel-Spielbrett „Jagd auf Kohlenklau“ verbirgt sich ein historisches Brettspiel aus der Zeit des Nationalsozialismus, das zur Propaganda in Kriegszeiten eingesetzt wurde. Es war ein Teil der „Kampf dem Kohlenklau“ Kampagne des NS-Regimes und mahnte zur Energiesparsamkeit. Das Spiel entstand als Teil der Rohstoffpolitik der nationalsozialistischen Regierung im Dritten Reich und verwendete die Figur des Kohlenklau. Diese an den „schwarzen Mann“ angelehnte Gaunerfigur ist eine Personifizierung der Energieverschwendung. In Kriegszeiten war es wichtig, Energie und Kohle in den Privathaushalten zugunsten von  Industrie und Militär einzusparen. Da der Kohleklau anders als andre Karikaturen seiner Zeit keine antisemitischen Stereotype bediente und das Spiel ohne Hakenkreuze auskam, blieb es in vielen Nachkriegshaushalten erhalten. Ein Spiel, das im Jahr 2022 durch Energiekrise und einen neuen Krieg in Europa sowie durch die globale Klimakrise eine merkwürdige Aktualität erfährt und fast aus der Zeit gefallen erscheint.


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Ein Spiel aus Propagandazeiten

Das Spiel war Teil der „Kampf dem Kohlenklau“ Kampagne, die auf der von der Werbeagentur Wilhelm Hohnhausen entwickelten Karikatur des Kohlenklau aufbaute. Die Kampagne war Teil der NS-Propaganda und hatte das Ziel, die Zivilbevölkerung zu einem energiesparenden Verhalten aufzurufen und sie damit als Heimatfront in die Ressourcenpolitik der NSDAP einzubinden. Das Spiel wurde in einer Auflage von vier Millionen Exemplaren vom Verlag Lepthian-Schiffers gedruckt und an kinderreiche Familien verschickt, obwohl die Produktion von Spielen in Deutschland zugunsten der Kriegswirtschaft und aufgrund der Ressourcenknappheit bereits vollständig eingestellt worden war.

Jagd auf Kohlenklau Spielbrett


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Jagd auf Kohlenklau wurde als DIN-A3-großer Spielplan in Schwarz, Weiß und Rot auf eine dünne Pappe gedruckt und enthielt kein weiteres Spielmaterial. Es wurde gefaltet und in einem Umschlag ohne weiteres Spielmaterial an kinderreiche Familien verteilt. Würfel und Spielsteine sollten aus anderen im Haushalt befindlichen Spielen genommen werden. Die Anzahl er Spieler war theoretisch unbegrenzt. Vergleichbare Würfelspiele gehen jedoch von 2 bis 4 Spielern aus. Das Ziel des Spieles ist es, Kohlenklau, den Energieverschwender zu ergreifen, der am Ende eines 50-Felder umfassenden Parcours wartet. Das Spiel ähnelt dem Gänsespiel oder anderen Wettrenn-Würfelspielen mit positiven, negativen und neutralen Feldern. Die Spielanleitung bezeichnet den Zweck des Spiels wie folgt:

„Der ‚Kohlenklau‘ (‚KK‘) ist ein Bösewicht, der dem deutschen Volke schaden will. Er verschafft sich in jedem Haushalt Zutritt und versucht Kohle, d.h. Wärme, Licht- und Kraftstrom und auch Gas zu stehlen, also Dinge, die nicht nur der Haushalt, sondern auch unsere Rüstung dringend benötigt. Er geht dabei sehr schlau vor und versteht es, sich meisterhaft zu tarnen. Ihr sollt ihn nun aufspüren und verjagen.“

Von den 50 Feldern gibt es 21 neutrale weiße Felder, auf denen nichts passiert. Auf den 12 roten Feldern, ist „Kohlenklau am Werk“ und behindert die Spieler am vorankommen. Die jungen Spielteilnehmer lernen dadurch, wie Energie verschwendet wird. Auf den 15 schwarzen Feldern hingegen wurde „Kohlenklau verjagt und unschädlich“ gemacht. Energie wurde erfolgreich eingespart.

Oh nein! Kohlenklau am Werk! Sehr gut! Kohlenklau verjagt!
3. … brennt Licht beim Aufstehen, trotzdem es schon hell ist. „KK“ freut sich. (einmal aussetzen)

6. … hat zuviel Wasser aufgesetzt, es kocht, Flamme nicht klein gedreht. „KK“ stiehlt! (fängt von vorn an)

10. … läßt Zimmertür offen. „KK“ stiehlt Wärme! (zurück auf 5)

15. … läßt zuviel Wasser in die Badewanne. Das liebt „KK“! (einmal aussetzen)

19. … benutzt Staubsauger, aber vor 9 Uhr, wo die Rüstungsindustrie den Strom benötigt. Das ist „KK“s Werk! (zurück auf 13)

23. … hat Ofen vor dem Anheizen nicht gereinigt. später nicht rechtzeitig zugedreht. (zurück auf 18)

27. !!! sofort „Kohlenklau“ rufen! (Falls ein anderer vor ihm ruft, zurück und nochmals beginnen)

29. … hat elektrischen Heizofen zusätzlich eingeschaltet (ganz schlimm!) Muß einmal aussetzen, aber ganz ausscheiden, wenn er auf Nr.38 gelangt

33. … hat Rundfunkapparat im Betrieb, trotzdem niemand zuhört. Das will „KK“! (einmal aussetzen)

35. … hält Dämmerschläfchen bei Licht. Das ist was für „KK“! – (zurück auf 32)

38. … Da ist etwas angebrannt, es muß außer der Reihe gelüftet werden. Pech und Wärmeverlust! (zurück auf 29. bzw. ganz ausscheiden, wenn man dort schon war)

44. … läßt Zündflamme am Warmwasserbereiter brennen. Das frißt Gas. „KK“ mag das! (zurück auf 39)

46. … liest im Bett, schläft ein, läßt Licht brennen! Ganz groß für „KK“! (einmal aussetzen!)

1. Alles schläft, Fenster richtig verdunkelt, Kohlenklau zieht weiter! (vor auf 9)

4. … geht ins Zimmer, dreht Licht im Flur aus. Gut so!! (vor auf 1)

7. … dreht Zentralheizung im unbenutzten Zimmer und auch im Schlafzimmer ab. „KK“ verjagt! (vor auf 16)

11. … schließt ein offen stehendes Fenster im Treppenhaus. Fein! (noch mal würfeln)

14. … hilft beim Umräumen in das geheizte Zimmer. „KK“ haut wütend ab.(vorauf 21)

17. … stellt Kühlschrank ab, weil es kalt ist. Gut gemacht! (vor auf 22)

20. … macht die feste Verdunklung von den Innenfenstern ab. Jetzt können sie am Tage geschlossen bleiben, besserer Kälteschutz! (vor auf 25)

24. … hat Fensterschutzfries angebracht, Fenster abgedichtet. Das stört den Kohlenklau! (noch einmal würfeln)

26. … bügelt am frühen nachmittag und hintereinander weg. Vermeidet die Zeit der stärksten Strombelastung von 16-19 Uhr (vor auf 31)

30. … erhält Lob für guten „Kohlenklau“-Aufsatz! (noch einmal würfeln)

34. … macht Abwaschwasser durch Turmkochen heiß, spart Gas! „KK“ reißt aus! (vor auf 41)

37. … beachtet vor dem Heizen die Außentemperatur, das ist klug und hilft sparen! (vor auf 42)

40. … schraubt überflüssige Birnen aus der Deckenbeleuchtung, „KK“ türmt! (vor auf 45)

43. … hat den Kachelofen zur rechten Zeit und richtig geheizt, braucht abends nicht nachzuheizen. (vor auf 48)

47. … hat Kohlenklau beinahe … im Traum erfaßt! (vor auf 49)

Spielanleitung

Der jüngste Spieler beginnt. Gewürfelt wird reihum. Sieger des Spiels ist, wer zuerst die 50 erreicht oder überwürfelt. Jeder beginnt das Spiel auf der von ihm gewürfelten Zahl. Mehrfache Besetzung einer Zahl ist möglich. Den Anweisungen auf den auf den Spielfeld gedruckten Anweisungen sind beim Landen auf einem roten oder schwarzen Feld Folge zu leisten. Wer auf die „27“ gelangt, hat „Kohlenklau“ zu rufen. Falls ein anderer Mitspieler vor ihm ruft, muss er von vorn anfangen.


Der Kohlenklau war eine fiktive Figur, die von Wilhelm Hohnhausen und seiner Werbeagentur entwickelt wurde und den Kindern bereits aus Comic-Strips und Fernsehwerbung bekannt war. Der Antiheld als Testimonial der Kampagne „Kampf dem Kohleklau“ war als Karikatur an den schwarzen Mann als Ganoven-Archetyp angelehnt. Auf antisemitische Stereotypen verzichtete Hohnhausen hingegen komplett und auf dem Spiel finden sich auch keinerlei Insignien des Dritten Reichs wie Hakenkreuze oder ähnliches. Der Kohleklau steht symbolisch für alle Energieverschwendung im Reich und soll den Kindern durch Personifizierung ein Feindbild vermitteln, dass ihnen hilft, die Sinnhaftigkeit des Energiesparens einzusehen. Im Rahmen der Propaganda wurden die Kinder zu ressourcenschonenden Bürgern erzogen, die mit eingesparter Kohle im eigenen Haushalt die heimische Wirtschaft und die Kämpfe vor allem an der Ostfront unterstützen konnten. Das Spiel war Teil der „Kampf dem Kohlenklau“ Kampagne, die auf der Werbeagentur Arbeitsgemeinschaft Hohnhausen als Teil der NS-Propaganda und wurdedurch Zeitungsannoncen und Comics des Kohleklau, aufklärungsfilme und ein weiteres Spiel in Form eines Quartetts begleitet.

Sammlerwert

Da das Spiel witgehend unbelastet war und Energiesparen in Nachkriegszeiten weiterhin angesagt blieb, schaffte es der Kohleklau den Zweiten Weltkrieg zu überdauern und wurde aus vielen Spielesammlungen trotz seiner Nähe zur NS-Propaganda nicht aussortiert. Das Spielbrett gilt unter Spielesammlern als nicht selten, ist aber dennoch nicht häufig auf Auktionsplattformen zu finden. Der Sammlerwert eines gut erhaltenen Spielbretts liegt bei etwa 50 bis 60 Euro. Typische Altersspuren sind Knicke oder Flecken. Da es kein Zubehör gab, fehlt in der Regel auch nichts. Allerdings sind Spielbretter bei denen die Spielanleitung abgeschnitten wurde, deutlich weniger wert. Sie kommen auf 30 bis 35 Euro. Weniger, wenn die Anleitung sogar fehlt.


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„Kohlenklau“-Übersicht | Liese und Miese


Quellen und weiterführende Literatur

  • Eigene Sammlung und Recherchen

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