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Forschung & Sammlung

Kohlenklau

Der Kohlenklau ist eine heute nicht mehr sehr bekannte, im Dritten Reich aber ungemein populäre Comicfigur, welche zu Werbezwecken in der NS-Propaganda eingesetzt wurde, um die Bevölkerung in Kriegszeiten zum Energiesparen aufzurufen. Die Ganoven-Karikatur trat in Comic-Strips, Fernsehspots und Gesellschaftsspielen auf. Da der Ganove zwar als „Volksschädling“ bezeichnet wurde, aber keine antisemitischen Ressentiments bediente und abgesehen von seiner Regimenähe unkritisch zu betrachtende und nachvollziehbare Ziele wie die Einsparung von Energie und Energiekosten adressierte, erfreute sich der Kohlenklau teilweise auch im Nachkriegsdeutschland noch einiger Bekanntheit und Beliebtheit. Tatsächlich war er ab 1942 die wohl bekannteste Werbefigur Nazideutschlands, die auch in der Werbung von Unternehmen auftrat.


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Auch bei den Alliierten, die viele auf Kriegsunterstützung ausgerichtete Propaganda-Mittel spiegelten, gab es ein Pendant zu Kohlenklau. Großbritannien nutzte hierfür einen freundlichen Pinguin (Vgl. Heinz 1990). Nachfolger des Kohlenklaus waren in der Bundesrepublik Deutschland die Figur Herr Unrentabel und in der DDR der verschwenderische Teufel Wattfraß. Was Kohlenklau heute zu einem spannenden Forschungsobjekt macht, ist dass er ein gutes Anschauungsbeispiel dafür ist, wie das Nazi-Regime durch Propaganda und die Kunst der Karikatur versuchte, die Öffentliche Meinung und das Verhalten der Bürger zu lenken. Bei allen Interesse an der Figur sollte aber stets eine kritische Distanz gewahrt werden.

Über Kohlenklau

Jagd auf Kohlenklau Brettspiel

Jagd auf Kohlenklau Brettspiel

Hinter dem Brettspiel-Spielbrett "Jagd auf Kohlenklau" verbirgt sich ein historisches Brettspiel aus der Zeit des Nationalsozialismus, das zur Propaganda in Kriegszeiten eingesetzt wurde. Es war ein Teil der "Kampf dem Kohlenklau" Kampagne des NS-Regimes...
Kohlenklau Fangspiel

Kohlenklau Fangspiel

Der Kohlenklau war ab 1942 Deutschlands bekannteste Comic- und Werbefigur. Das Schreckgespenst der Energieverschwendung war für die Menschen allgegenwärtig. Ließ jemand eine Tür offenstehen und Wärme entweichen, hieß es "Tür zu! Kohlenklau kommt!" und die...
Kohlenklau Propagandafilme

Kohlenklau Propagandafilme

Im Jahr 1944 lief die Energiesparkampagne des Dritten Reiches "Kampf dem Kohlenklau" bereits seit über einem Jahr sehr erfolgreich. Mit Zeitungannoncen, Comicstrips und Gesellschaftsspielen hatte man die Bevölkerung darauf eingestimmt, wie Energieverschwendung d...
Kohlenklau Wettbewerb für Schülerinnen und Schüler

Kohlenklau Wettbewerb für Schülerinnen und Schüler

Im Jahr 1943 veranstaltete die "Hilf mit!" , eine nationalsozialistische Zeitung für Schüler, einen Schulwettbewerb zu und mit der Werbefigur Kohlenklau. Anknüpfend an die Energiesparkampagne "Kampf dem Kohlenklau" wurden die Schülerinnen und Schüler auf ...
Kohlenklau, Miese & Liese sammeln Spenden

Kohlenklau, Miese & Liese sammeln Spenden

Wie sehr die Propagandafiguren Kohlenklau, Liese und Miese in der Folklore des Dritten Reiches angelangt waren, zeigt ein Ereignis aus dem österreichischen Seegraben im Winter 1944/45. Bei der jährlichen Sammlung des Winterhilfswerks verkleideten s...
Kohlenklaus Schmähliche Niederlage

Kohlenklaus Schmähliche Niederlage

Die erste Reihe der Anzeigenkampagnen mit Kohlenklau ab Winter 1942 zeigte den Bösewicht dabei, wie er versuchte, den Menschen durch Energieverbrauch und Ressourcenverschwendung zu schaden. Im Rahmen der Initiative "Kampf dem Kohlenklau" entstand eine ...

Die Figur des Kohlenklau

Das Brettspiel „Jagd auf Kohlenklau charakterisiert den Ganoven Kohlenklau wie folgt: „Der Kohlenklau ist ein Bösewicht, der dem deutschen Volke schaden will. Er verschafft sich in jedem Haushalt Zutritt und versucht Kohle, d.h. Wärme, Licht- und Kraftstrom und auch Gas zu stehlen, also Dinge, die nicht nur der Haushalt, sondern auch unsere Rüstung dringend benötigt. Er geht dabei sehr schlau vor und versteht es, sich meisterhaft zu tarnen. Ihr sollt ihn nun aufspüren und verjagen.

Kohlenklau Sammelmarke (1942)

Die Figur des Kohlenklau wurde in den 1940er Jahren von der Werbeagentur Wilhelm Hohnhausen im Auftrag der nationalsozialistischen Regierung entwickelt. Sie sollte als Teil der Propagandakampagne „Kampf dem Kohlenklau“ die deutsche Bevölkerung zu einem energiesparenden Verhalten auffordern und somit die Kriegswirtschaft unterstützen. Der Kohlenklau selbst war als Karikatur dargestellt, die auf der einem Ganoven und Einbrecher basierte und Anlehnungen an die Figur des „Schwarzen Mannes“ zeigte, jedoch anders als andere Nazi-Karikaturen ohne die Verwendung von antisemitischen Stereotypen auskam. Er war als „Volksschädling“ benannt und stellte die Personifizierung der Energieverschwendung dar, welche die Kohle der Volksgemeinschaft stiehlt. In der Propaganda wurde er als bösartiger Charakter dargestellt. Der Kohlenklau hatte Menschliches und erinnerte in seiner wilden Fratze an andere Propaganda über den Kampf für die Ostgebiete (Vgl. Heinz 1990). Der Kohlenklau hatte aber auch tierische Attribute wie den langen Katzenhaften Schnurrbart, die langen Schneidezähne und das marder- oder otterhafte Äußere.

Victor Klemperer schrieb bereits 1947 rückblickend auf die Figur des Kohlenklaus: „Ich hatte auch noch nie beobachtet, dass eine Plakatgestalt des Dritten Reiches so ins Leben übergriff, wie sich hier der Kohlenklau, Wort und Bild in einem, des Alltags einer ganzen Belegschaft bemächtigte. Ich sah mir daraufhin dies Plakat genau an: wirklich, es bot Neues, es war ein Stück Märchen, ein Stück Gespensterballade, es wandte sich an die Phantasie. In Versailles gibt es einen Brunnen, der von den Metamorphosen Ovids inspiriert ist: die über den Brunnenrand schlüpfenden Gestalten sind zur Hälfte von der Wirkung der Magie erfasst, ihre menschliche Gestalt beginnt in tierischer Form zu verschwinden. Ganz so ist der Kohlenklau geformt; die Füße sind schon in fast amphibischem Zustand, der Rockzipfel scheint ein Schwanzstummel, und die Haltung des davonschleichenden Diebes nähert sich in ihrer Gebücktheit schon der des Vierfüßlers. Zur Märchenwirkung des Bildes trat die glückliche Namenwahl: burschikos volkstümlich und dem Alltag angehörig durch den ‚Klau‘ statt des Diebes […]. Den unveränderten Kohlenklau sah man im Rahmen eines Handspiegels wieder; darunter stand: ‚Halt dir den Spiegel vors Gesicht: Bist du’s oder bist du’s nicht?‘ Und häufig, wenn jemand die Tür eines geheizten Zimmers offenließ, rief einer: ‚Kohlenklau kommt‘ […] Kohlenklau, aus Bild und Wort entstanden, hätte bei längerem Bestehen des Dritten Reiches alle Chancen gehabt, wie Putois eine mythische Person zu werden“ (Vgl. Klemperer 1996).

Auch Heinz analysiert die Namenswahl des Kohlenklaus und zitiert dazu aus Hitlers „Mein Kampf“ über den Propagandabegriff: „Es ist falsch, der Propaganda die Vielseitigkeit etwa des wissenschaftlichen Unterrichts gegeben zu wollen. Die Aufnahmefähigkeit der großen Masse ist nur sehr beschränkt, das Verständnis klein, dafür jedoch die Vergesslichkeit groß. Aus diesen Tatsachen heraus hat sich jede wirkungsvolle Propaganda auf nur sehr wenige Punkte zu beschränken und diese schlagwortartig zu wiederholen, bis auch der Letzte unter einem solchen Worte das Gewollte sich vorzustellen vermag.“ (zitiert nach Heinz 1990). All das war bei Kohlenklau gegeben. Die Figur des Kohlenklau erschien in verschiedenen Publikationen und Medien, wie zum Beispiel in Zeitungsannoncen, Flugblättern, Comicstrips und Gesellschaftsspielen und wiederholte immer wieder mantraartig ihre Warnungen und Mahnungen. Sie war somit ein wichtiger Bestandteil der Propaganda der nationalsozialistischen Regierung und sollte die Bevölkerung zu einem einschränkenden Verhalten beim Energieverbrauch bewegen.

Spiekermann fügt der Figur noch eine weitere nützliche Eigenschaft hinzu: Er war ein willkommener Sündenbock, der für das Fehlverhalten der Bürger gerade stehen konnte, ohne den Finger allzu mahnend zu heben. „Kohlenklau war mehr als ein schwarzer Mann. Er fungierte als eine Art schlechten Gewissens, erlaubte damit Kritik an gängigen Handlungen, ohne die eigentlichen Akteure bloßzustellen. Nicht die Hausfrau, die dumme, unaufmerksame, ließ den Eintopf zu lange kochen, sondern es war Kohlenklau“ (Spiekermann 2021).

Es ist interessant zu sehen, wie diese Karikatur während des Zweiten Weltkriegs als Propagandamittel eingesetzt wurde, um die Menschen zum Energiesparen anzuregen und damit der Kriegsmaschinerie Energie zu sichern. Es ist auch interessant zu sehen, dass die Figur des Kohlenklau in der Nachkriegszeit weiterhin populär war und als Mittel zur Bekämpfung von Energiemangel eingesetzt wurde, ohne dass ihre Nähe zur NS-Propaganda kritisch hinterfragt wurde. Die Verwendung von Karikaturen und anderen Formen der visuellen Propaganda kann eine effektive Möglichkeit sein, um Botschaften zu vermitteln und das Bewusstsein für bestimmte Themen zu schärfen.

Kampf dem Kohlenklau

Kohlenklau-Plakat (1942)

Während des Zweiten Weltkriegs war das Sparen von Kohle und Energie durch die deutsche Bevölkerung von großer Bedeutung, da die Kriegswirtschaft des Dritten Reiches auf eine zuverlässige Versorgung mit Energie angewiesen war. Die Kohle war der wichtigste Brennstoff für die industrielle Produktion und somit von großer strategischer Bedeutung. Zudem war der Transport von Rohstoffen und Gütern in Zeiten von Luftangriffen und Blockade auf See besonders schwierig, weshalb die deutsche Industrie darauf angewiesen war, die vorhandenen Ressourcen möglichst effektiv und sparsam einzusetzen.

Um der Kriegsmaschinerie die notwendige Energieversorgung zu sichern, wurde daher versucht, die Menschen von einer eigens dazu gegründeten Propagandaabteilung zum Sparen zu bewegen. Die „Kampf dem Kohlenklau“ genannte Initiative war wohl die umfangreichste Energiespar-Aktion, die jemals durchgeführt wurde. Sie basierte auf der von Wilhelm Hohnhausen und seiner Werbeagentur entwickelten Karikatur des Kohlenklau, die als Energieverschwender dargestellt wurde und dazu beitrug, die Energieversorgung der deutschen Kriegswirtschaft aufrechtzuerhalten und somit die Fähigkeit des Dritten Reiches zu bewahren, Kriegsmaterial und -ausrüstung herzustellen. Kohlenklau trat im Rahmen der Kampagne „Kampf dem Kohlenklau“ in Zeitungsanzeigen, Werbefilmen, Reklamamarken, Zeitungscomics und Gesellschaftsspielen auf. Allerdings konnte auch das intensive Sparen von Kohle und Energie den Ausgang des Krieges nicht verändern und das Deutsche Reich letztendlich nicht vor dem Sieg der Alliierten bewahren.


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Echter Kohlenklau in Nachkriegszeiten

Mit dem Begriff „Kohlenklau“ haben heute nur noch wenige die Assoziation mit der Propaganda-Figur des Dritten Reichs. Der Begriff bezeichnet heute die rechtswidrigen Aktivitäten, Kohle aus Tagebauen oder anderen Kohleabbaugebieten zu stehlen. Diese Handlungen können sowohl von Einzelpersonen als auch von organisierten Banden durchgeführt werden. Der Kohlenklau hat in vielen Teilen der Welt eine lange Tradition und hat oft negative Auswirkungen auf die Umwelt und die lokale Bevölkerung. Der Diebstahl von Kohle kann zu Schäden an den Tagebauen und anderen Abbaugebieten führen und zu Einkommensverlusten für die Unternehmen, die sich mit Kohleabbau beschäftigen. Es kann auch zu Konflikten mit der lokalen Bevölkerung führen, die von den Einkommen aus dem Kohleabbau abhängig sind. Kohlenklau ist oft schwer zu verhindern, da es schwierig ist, die illegalen Aktivitäten in den großen, oft unzugänglichen Abbaugebieten zu überwachen. In einigen Gebieten werden jedoch spezielle Sicherheitsmaßnahmen ergriffen, um den Kohlenklau zu verhindern, wie zum Beispiel die Einstellung von Sicherheitspersonal oder die Implementierung von Überwachungstechnologie.

Auch im Nachkriegsdeutschland war Kohle klauen an der Tagesordnung. Die notleidende Bevölkerung bediente sich selbst an den Kohletransporten, welche auf manchen Bahnteilstrecken langsam genug fuhren, um aufzuspringen und sich Kohle für den eigenen Bedarf und die Familie zu sichern. Große Aufregung und Anerkennung erhielt die Silvesteransprache 1946 von Josef Kardinal Frings, dem beliebten Kölner Kardinal, der darin die Meinung vertrat, man dürfe trotz Konflikt mit dem siebten der zehn Gebote Kohle stehlen, soweit dies zum eigenen Überleben erforderlich sei. In der Bevölkerung etablierte sich daraus auch die Redewendung „fringsen“ fürs Kohleklauen. Der Klau sicherte vielen Familien das Überleben, führte aber uach zu einer Einschränkung der industriellen Produktion, da Kohle ein wichtiger Energieträger war und für viele Industriezweige von größter Bedeutung war, zugleich aber auch zu einer anhaltenden Verknappung in der Bevölkerung.


„Kohlenklau“-Übersicht | Liese und Miese


Quellen und weiterführende Literatur

  • Eigene Sammlung und Recherchen
  • Victor Klemperer: „Kohlenklau“, in: Victor Klemperer: „LTI – Notizbuch eines Philologen“ (1947, hier i.d.F.v. 1996), S. 91-95
  • Michael R. Heinz (Regie): „Vom Kohlenklau und Schattenmann oder: Wie man den Krieg verkaufte“, BR Deutschland 1990 Dokumentarfilm, 43min
  • Uwe Spiekermann: „Waffe an der NS-Heimatfront – Der Eier-Austauschstoff Milei“, Online-Artikel vom 17.04.2021, abgerufen am 23.12.2022

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