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Forschung & Sammlung

Liese und Miese

„Die Liese und die Miese“, oder auch einfach nur „Liese und Miese“ sind zwei Figuren aus der nationalsozialistischen Propaganda im Dritten Reich, die als Realfilm-Figuren in erzieherischen Kurzfilmen, aber auch als Comicfiguren in Karikaturen und auf Postkarten auftraten, um der Bevölkerung ein linientreues Verhalten beizubringen. Während Liese die vorbildlich agierende Frau und Mutter darstellte, war Miese die hässliche und griesgrämig auf den eigenen Vorteil bedachte Überzeichnung einer Base. Mit den beiden weiblichen Figuren wurde seitens des Propagandaministeriums versucht, an die Erfolge von „Tran und Helle“, zwei männliche Propaganda-Kurzfilmfiguren anzuschließen. Der erwünschte Effekt blieb aber aus, da sich die Zuschauer eher mit der fehlerhaften und natürlichen Miese, die von Brigitte Mira in ihrer ersten Filmrolle verkörpert wurde, identifizierten als mit der stilisierten blonden Über-Liese. Miese hatte auch einen Auftritt in der Helfershelfer-Serie des Kohlenklau.


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Über Liese und Miese

Liese und Miese Karikaturen

Liese und Miese Karikaturen

Die Karikaturen der weiblichen Comicfiguren "Liese und Miese" erschienen vom 12. Dezember 1943 bis zum 12. März 1944 in verschiedenen Nachrichtenblättern des Dritten Reichs. Die vom Gebrauchsgrafiker und Illustrator Hans Zoozmann gezeichneten und f...
Liese und Miese Kurzfilme

Liese und Miese Kurzfilme

In vermutlich etwa 10 Kurzfilmen spielten 1943/44 die beiden Schauspielerinnen Brigitte Mira und Gerhild Weber die Liese und die Miese in den Propagandafilmen des Reichsministeriums. Eugen York setzte in seinem Regiedebüt die sketchhaften Geschichten ...
Liese und Miese Plakate

Liese und Miese Plakate

Propagandafiguren wurden von den Nationalsozialisten auf allen Gebieten eingesetzt. Genau wie der Kohlenklau, der Schattenmann oder das Frostmonster sah man im Dritten Reich an den Häuserwänden, in den Schulklassen, Geschäften und an den Litfasssäulen imm...
Liese und Miese Postkarten

Liese und Miese Postkarten

Passend zu den Zeitungskarikaturen und den Propaganda-Kurzfilmen mit "Liese und Miese" gab es von Hans Zoozmann eine Reihe mit mindestens acht Künstlerkarten , die teils die bekannten Karikaturen aufgriffen und verfeinerten und teils neue Geschichten ...
Kohlenklau, Miese & Liese sammeln Spenden

Kohlenklau, Miese & Liese sammeln Spenden

Wie sehr die Propagandafiguren Kohlenklau, Liese und Miese in der Folklore des Dritten Reiches angelangt waren, zeigt ein Ereignis aus dem österreichischen Seegraben im Winter 1944/45. Bei der jährlichen Sammlung des Winterhilfswerks verkleideten s...
 
Hans Zoozmann

Hans Zoozmann

Hans Zoozmann (eigentlich Johannes Zoozmann) war ein deutscher Grafiker, Trickfilmzeichner, Karikaturist und Illustrator aus Berlin, der im Dritten Reich für das  Propagandaministerium arbeitete. Zoozmann ist Schöpfer der Zeichnungen um die Figuren "L...

Liese und Miese wurden von der NS-Propaganda geschaffen, um der Bevölkerung das „korrekte“ verhalten in Kriegszeiten beizubringen. Die beiden gegensätzlich charakterisierten Frauen stehen sinnbildlich für das korrekte und für das Fehlverhalten. Ihre Auftritte hatten die Figuren als Karikaturen von Hans Zoozmann in Zeitungen, auf Plakaten und auf Postkarten, sowie als Realverfilmungen mit Brigitte Mira und Gerhild Weber. Die Karikaturen sollten dazu beitragen, die Bevölkerung für die Ideologie des Nationalsozialismus zu gewinnen und ihnen zu vermitteln, dass sie sich an dessen Werte und Regeln halten sollten. Als Mittel der Propaganda waren sie auch geeignet, den Zusammenhalt der Bevölkerung während des Krieges zu stärken und ihre Loyalität zum Regime zu festigen.

Die Figuren Liese und Miese

Die Miese ist die eigentliche Hauptdarstellerin der Reihe, denn sie ist das Anschauungsobjekt, an welchem das ungewünschte Verhalten verdeutlicht wird. Sie wird in den Filmen und Karikaturen als unethisch und respektlos dargestellt. Sie lügt bei der Polizei, bietet Kaffee an, um sich eine Reise zu ermöglichen, reist als Soldatenbraut, tratscht und flüstert, kauft verschwenderisch nutzlosen Kram, hört Musik zu laut, spendet nicht und schreibt Feldpostbriefe, die dem Soldaten an der Front die Stimmung verderben. Sie zeigt wenig Rücksicht auf andere und scheint sich nur um ihre eigenen Bedürfnisse zu kümmern. Sie ist wenig hilfsbereit und meist nur auf den eigenen Vorteil bedacht. Die Miese wird als Frau mittleren bis höheren Alters charakterisiert, die schon vor 30 Jahren einen Soldaten als Geliebten hatte. Sie ist kleiner als Liese, hat krauses Haar und eine spitze Nase, trägt weite Kleidung, ein Hütchen mit Feder und wirkt insgesamt altmodisch. Diese Erscheinung zieht ich auch durch die Verfilmungen, obwohl ihre Darstellerin Brigitte Mira die Rolle als Mittdreißigerin gespielt hat. Miese ist definiert als „die Karikatur der hysterischen, nörgelnden, meckernden Klatschbase, die nur an sich denkt und deren Verstand nicht weiterreicht als ihre Kulpnase“ (Vgl.Lehmann). Miese als Rolle darf all das tun, was im Dritten reich verboten oder verpönt ist, um sich dann ermahnen und belehren zu lassen.

Die Liese hingegen wird als positiv dargestellt. Sie zeigt Integrität und Rücksichtnahme in ihrem Verhalten und ist ein Vorbild für die deutschen Frauen. Sie hinterfragt Mieses Verhalten, deckt ihre Lügen auf, gibt gern und willig, schreibt positive Feldpostbriefe, putzt den Luftschutzkeller und zeigt Verständnis für die Bedürfnisse anderer. Sie ist ein Vorbild für die Bevölkerung und steht für die Ideologien und Werte des Nationalsozialismus. Das spiegelt sich auch in ihrer Erscheinung wieder. Liese ist eine blonde, junge Frau mit moderner Kleidung und voluminösem, welligem Haar. Liese lächelt viel und trägt figurbetonende Kleidung. Durch ihr regelkonformes Verhalten fällt sie im Rahmen der Szenen kaum auf und scheint über keinen eigenen Charakter zu verfügen. In den Karikaturen hat sie weder viele Detailstriche, noch eine Nase. Sie fügt sich dadurch wie ein Hintergrundcharakter in die Karikaturen ein. Auch für die Handlung hat sie keine Bedeutung, da sie lediglich als stets belehrender und besserwissender Sidekick der Miese zur Seite steht. Liese wird als Vorbild dargestellt und Miese als schlechtes Beispiel. Auf einer der Postkarten hat Liese zwei kleine Kinder: einen Sohn im Kleinkindalter und ein Baby. In den Verfilmungen wurde sie von Gerhild Weber verkörpert und von der Propaganda charakterisiert als „mit der schönen Offenheit im Gesicht, die das Mädchen unserer Zeit kennzeichnet“ (Vgl. Lehmann).

Die Figuren „Liese“ und „Miese“ könnten auf dem Spektrum zwischen Propaganda und Unterhaltung eher auf der Seite der Propaganda eingeordnet werden. Obwohl sie in Form von Karikaturen präsentiert werden, waren sie in erster Linie dazu gedacht, die Ideologien und Werte des Nationalsozialismus zu vermitteln und die Bevölkerung zu ermutigen, sich an diese zu halten. Sie dienten somit eher der Verbreitung von Ideen und der Beeinflussung der Meinungen der Bevölkerung als der Unterhaltung. Trotzdem war es so, dass die Bevölkerung sich durch die Karikaturen und Reime unterhalten gefühlt hat, da sie genau wie die sketch-artigen Kurzfilme in einer leicht verständlichen und humorvollen Form präsentiert wurden. Die Verwendung von Karikaturen und Reimen kann dazu beitragen, die Ideen und Botschaften auf unterhaltsame Weise zu vermitteln und somit die Aufmerksamkeit und das Interesse der Bevölkerung für die Botschaften der NS-Propaganda zu wecken.

Kurzlebigkeit der Reihe

Der Charakterlosigkeit der Liese, vor allem aber der Menschlichkeit der Miese und ihrer Verkörperung durch die junge und vom Theater bekannte Brigitte Mira war es zu verdanken, dass die Bevölkerung anders als vom Propagandaministerium vermutet, mit der Miese und nicht mit der Liese sympathisierte. Es gibt mehrere psychologische Effekte, die dazu beitragen könnten, dass eine Leserschaft mit der Antiheldin sympathisiert, obwohl sie immer wieder als egozentrisch, unethisch und respektlos dargestellt wurde. Einer dieser Effekte ist die Identifikation mit dem Charakter. Wenn die Leserschaft sich in der Miese wiedererkennen konnte oder sich in ihrer Situation identifizierte, könnte dies dazu geführt haben, dass sie mit ihr sympathisierte. Dafür spricht, dass die Figuren ursprünglich sogar bewusst so eingeführt wurden, dass jeder mal die eine mal die andere Seite in sich trägt. Ein weiterer Effekt könnte die Verführbarkeit sein. Wenn das Leben der Miese als verführerisch einfach oder sorgenlos dargestellt wird, könnte dies für die Leserschaft attraktiv gewesen sein und somit Sehnsüchte und Sympathien nach einer vergleichbaren Freiheit hervorgerufen haben. Auch die Verwendung von Humor und Ironie in den Karikaturen und Sketchen könnten dazu beigetragen haben, dass die Leserschaft mit der Miese sympathisierte, da die negative Seite ihres Verhaltens auf eine unterhaltsame Weise präsentiert wurde. Joseph Goebbels selbst soll den beiden Propaganda-Figuren nach nur drei Monaten den Stecker gezogen haben. So finden sich nach März 1944 weder Karikaturen der beiden Figuren in den Zeitungen noch Hinweise auf weitere Kurzfilme.


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Quellen und weiterführende Literatur

  • Eigene Sammlung und Recherchen
  • Dr. Hans Lehmann: „Zwei neue Typen im Film“, in: „Das kleine Volksblatt“ vom 14.12.1943, S. 5
  • Brigitte Mira: „Kleine Frau, was nun? Erinnerungen an ein buntes Leben“, Herbig Verlag 1988, S. 98-100 (Erinnerungen an den Dreh) und S. 262 (Anzahl der Filme)

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