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Forschung & Sammlung

Kohlenklau Wettbewerb für Schülerinnen und Schüler

Im Jahr 1943 veranstaltete die „Hilf mit!“, eine nationalsozialistische Zeitung für Schüler, einen Schulwettbewerb zu und mit der Werbefigur Kohlenklau. Anknüpfend an die Energiesparkampagne „Kampf dem Kohlenklau“ wurden die Schülerinnen und Schüler auf ein weiteres sparsames Jahr eingestimmt. Dabei sollten sie im Rahmen eines Wettbewerbs Geschichten und Gedichte zu dem Energiedieb schreiben oder ihn malen, zeichnen, basteln. Kohlenklau als personifizierte Energieverschwendung war den Kindern zu diesem Zeitpunkt von Plakaten, aus „Aufklärungs-“ / Propagandafilmen und Zeitungscomics bekannt. Auch 4 Millionen Spiele mit der beliebten Werbefigur waren bereits im Umlauf und manche Kinder spielten Kohlenklau anstelle von Räuber und Gendarm.


„Kohlenklau“-Übersicht | Kohlenklau Filme | Kohlenklau Brettspiel |


Optisch ist das Werbemotiv sehr ansprechend gestaltet. Es zeigt den Kohlenklau als düstere Gaunergestalt, die von drei Kindern gejagt wird, die als Waffen Pinsel, Stift und Nähnadel halten und den düsteren Gesellen fast wie einst die Höhlenmenschen Mammuts jagen. Auf dem Werbemittel zum Wettbewerb hieß es damals:

Jungen und Mädel!

Im letzten Winter hat – wie Ihr alle wißt – der Kampf gegen Kohlenklau begonnen. Auch Ihr habt schon mitgeholfen, ihn auszutreiben. Da er im kommenden Winter bestimmt wieder erscheint, muß heute schon der neue Kampf gegen ihn vorbereitet werden. Dabei sollt Ihr nun in der ersten Reihe stehen und eine feine Aufgabe lösen!

Erzählt uns von dem Bösewicht, zeichnet ihn ab, ersinnt Kampfpläne und schreibt Geschichten über ihn, sägt ihn aus Holzabfällen, näht ihn aus Stoffresten, kurz, stellt ihn und seine Schandtaten dar, wie immer Ihr wollt, und gebt Eure Arbeit zum 30. November 1943 beim „Hilf mit!“-Vertrauensmann Eurer Schule ab.

Eure Arbeit wird im Rahmen der „Hilf mit!“-Aktion „Für Deutschlands Freiheit“ gewertet. Viele schöne Preise sind aus-gesetzt — Quartettspiele, Bücher, ja sogar Reisen. Wer allein nicht zu Rande kommt, holt sich bei seinem Lehrer oder seiner Lehrerin einen guten Rat. Beweist uns, daß Ihr Kohlenklau auf den Fersen seid und der Halunke Euch nicht entkommt!

Fasst ihn!

Neben dem Quartett-Spiel, mit dem das Kohlenklau-Quartett gemeint war (Vgl. Schadt 1993), wurden auch Bücher und Reisen ausgeschrieben. Die Sieger bekamen außerdem eine Siegerurkunde, da sie sich besonders um Reich und Volk verdient gemacht hatten. Hinter dem Wettbewerb steckte die für Schüler publizierte Zeitung „Hilf mit!“, die vom Nationalsozialistischen Lehrerbund (NSLB) herausgegeben wurde und als Propagandainstrument und Erziehungsmittel für Schüler in Deutschland gedacht war. Sie wurde fast der gesamten Schülerschaft ab dem Alter von 10 Jahren zugänglich gemacht und hatte eine Auflage von bis zu fünf Millionen Exemplaren pro Ausgabe. Dementsprechend hoch waren die Teilnehmerzahlen bei Wettbewerben und die Bekanntheit der nationalsozialistischen Propagandafiguren wie Kohlenklau. Die Lehrer fungierten hierbei auch als Vermittler zwischen Verlag und Schülerinnen und Schülern, die Wettbewerbsbeiträge einreichten.

Ein Buchpreis für die Mädchen

Ein überlieferter Sachpreis des Kohlenklau-Wettbewerbs 1943/44 war das beliebte Sachbuch „Werkbuch für Mädchen“ der bekannnten Sachbuchautorin und Professorin für Werkpädagogik Ruth Zechlin. Dabei handelte es sich um ein ideologisch unbelastetes, aber im Rahmen der nationalsozialistischen Erziehung dennoch eingesetztes Buch der Mädchenerziehung, das verschiedene handwerkliche und kreative Projekte für Mädchen enthielt. Das Buch wurde erstmals 1938 veröffentlicht und bis in die 1960er Jahre vielfach neu aufgelegt. Das Werkbuch für Mädchen ist ein umfassender Ratgeber für Mädchen, die sich für Handarbeiten, Basteln, Nähen und andere kreative Tätigkeiten interessieren. Das Buch enthält Anleitungen und Tipps für verschiedene Projekte wie Puppenkleider, Taschen, Schmuck, Körbe, Kerzen und vieles mehr. Das Buch vermittelt Auf 424 Seiten auch die Grundlagen von verschiedenen Techniken wie Stricken, Häkeln, Sticken und Weben und beinhaltet sogar Schnittbogen für Kleidungsstücke.

Die Buchautorin Ruth Zechlin war eine nach dem Krieg mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnete deutsche Sachbuchautorin und Professorin für Werkpädagogik. Sie wurde 1899 in Torgau geboren, absolvierte eine Ausbildung als Kindergärtnerin und Handarbeitslehrerin, arbeitete als Wanderlehrerin und Werklehrerin an verschiedenen Schulen. Durch eine Erkrankung in den Jahren 1927 bis 1929 musste sie ihre Berufstätigkeit pausieren und begann mit dem Schreiben von Büchern. Das „Werkbuch für Mädchen“ von 1932 sollte ihr Bestseller werden, der ihr besondere Bekanntheit im und außerhalb des Reichs einbrachte. Heut liegt das Buch in 42 Auflagen vor, die weit über den Tod der Autorin hinausdatieren und wurde in mindestens acht Sprachen übersetzt.

Als Expertin für Mädchenbildung war sie im Dritten Reich von 1935 bis 1945 war Dozentin für Werkerziehung an dem Berliner Seminar und anderen renommierten Hochschulen. Nach dem Weltkrieg kehrte sie 1951 in ihre Lehrtätigkeit als Dozentin und später Professorin zurück. Ihre Werke der Mädchenerziehung entsprachen dem nationalsozialistischen Rollenbild, waren jedoch ideologisch ungefärbt und damit auch in der Bundesrepublik und im Europäischen Ausland erfolgreich. Für ihr Lebenswerk wurde sie 1964 auf Vorschlag des hessischen Ministerpräsidenten Georg-August Zinn (SPD) mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse ausgezeichnet. Für den Kohlenklau-Wettbewerb wurde unter anderem die Auflage 1939 herangezogen. Heute ist das Buch in  diesen frühen Auflagen antiquarisch gut erhältlich und bringt auf dem Sammlermarkt etwa 20 bis 25 Euro ein. Der Widmungszettel mit Kohlenklau erzielt etwa 50 Euro ohne Buch. Für beides zusammen kann man etwa 85 bis 100 Euro rechnen.

Ideologische Wettbewerbe der „Hilf mit!“

Eines der Hauptziele von „Hilf mit!“ war es, die Schüler mit Nazi-Ideologie und Propaganda zu indoktrinieren. Neben typischen Schülerthemen zu jener Zeit wie Verkehrserziehung, Naturkunde und Gesundheitserziehung enthielt die Zeitung zahlreiche Propagandathemen, die einen großen Teil des Raums einnahmen. Dazu gehörten die Verherrlichung des Ersten Weltkriegs und der frühen Geschichte der Deutschen sowie die Förderung der Ahnenforschung und Rassenlehre. In der Zeitung wurden auch serielle Romane veröffentlicht, in denen Themen wie Antisemitismus und die Verherrlichung von Hitlers Führungsqualitäten behandelt wurden.

Während des Zweiten Weltkriegs ab 1939 erschien „Hilf mit!“ oft nur alle zwei bis drei Monate. In einem Schülerwettbewerb mit dem Titel „Der Kampf im Osten“ wurden die Teilnehmer aufgefordert, Berichte, Aufsätze und Zeichnungen zum Thema „der Kampf deas deutschen Volkes gegen den jüdisch-bolschewistischen Feind im Osten“ einzureichen. In der Zeitung wurden auch Nachrichten über den Tod von Schülern veröffentlicht, die im Krieg gefallen waren. In der letzten Ausgabe im September 1944 schrieb der Hauptschriftleiter, dass die Zeitung aufgrund der „schwierigen Kriegsumstände“ nicht mehr erscheinen würde.

Es ist klar, dass „Hilf mit!“ eine wichtige Rolle in der Nazi-Propagandamaschinerie spielte und ein wirksames Instrument zur Beeinflussung der Ideologie junger Menschen in Deutschland während des Dritten Reichs war. Obwohl sie als Schülerzeitung präsentiert wurde, war sie in Wirklichkeit ein Propagandainstrument mit dem Ziel, die Ideen der NSDAP an die nächste Generation weiterzugeben. Die hohe Auflage und die Verbreitung unter fast der gesamten Schülerschaft ab dem Alter von 10 Jahren zeigen, wie erschreckend effektiv dieses Propagandainstrument war. Die Verpackung von Nazi-Propaganda in einem harmonischen und kindgerechten Gesamtpaket aus Inhalten und Bildern, das eine völkische Familienidylle beschwor, hat dazu beigetragen, dass die Ideologie der Nazi-Partei bei vielen Schülern tief verankert wurde. Die Geschichte lehrt, welche Auswirkungen Propaganda auf die Ideologie junger Menschen haben kann.


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Quellen und weiterführende Literatur

  • Eigene Sammlung und Recherchen
  • Jörg Schadt: „Mannheim im Zweiten Weltkrieg: ein Bildband“ (1993), S. 12

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