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Kaiserin Sissis Salamander-Lied

Im Jahr 2000 verlernte Lurchi das Reimen. Eine Marketing-Agentur hielt dies aufgrund einer fragwürdigen Zielgruppenanalyse für nicht mehr zeitgemäß und torpedierte das größte Alleinstellungsmerkmal der Lurchi-Hefte. Die Ausnahme bildete das Heft 131 aus dem Jahr 2003. Ein weiblicher Lurchi-Fan durfte die Geschichte in Reimform bringen. Über 100 Jahre zuvor aber gab es bereits einen sehr berühmten weiblichen „Lurchi-Fan“. Kaiserin Elisabeth von Österreich-Ungarn (1838-1898), genannt „Sisi“, heute vor allem bekannt aus den romantisierten „Sissi“-Filmen, führte im Erwachsenenalter ein „poetisches Tagebuch„. Darin findet sich auch ein Salamander-Lied über die Begegnung mit einem schwarzen Alpensalamander inmitten der Natur.


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Salamander-Lied

Hat der erste Salamander
Dieses Jahr mich heut‘ begrüsst;
War vor Freuden auseinander,
Hab ihn dreimal auch geküsst.

Während ich zur Felsenzelle
Ihm noch schenkte mein Geleit‘,
Bat ich, dass er mir erzähle
All‘ des Thales Neuigkeit.

Dann gab ich ihm wieder Kunde
Von des Zauberberges Pracht,
Wo mit Salamandern Stunden
Froher Zeit ich oft verbracht.

Eh‘ wir schieden, warnt er wichtig
Mich vor bösen Schlangen noch;
Dies Gezücht stets hauste giftig
Dort, wo es nach Schwefel roch.

Eidechsen gäb’s hier sehr grosse,
Wie man sie am Nil auch sieht,
Oben grün und gelb am Schosse
Und von harmlosem Gemüt.

Ja, es sei’n auch manche drunter,
Wunderbar und hochgelehrt,
Dass im Altertum mitunter
Sie als heilig man verehrt‘.

Sprach ich drauf: »So sinds Bekannte,
die mein teurer Meister mir
Kürzlich erst erzählend nannte,
Und nun treffe ich sie hier.

Als zu Fuss er einst gewandelt
Durchs Gebirg nach Luccas Bad,
Hat mit ihnen er verhandelt,
Gaben ihm manch‘ guten Rat.«

Auch vor kleinen Skorpionen
Warnte mich mein schwarzer Freund
Diese dürft‘ ich nimmer schonen,
Hätten stets es schlecht gemeint.

An die fernen Stammeskinder
Sandt‘ er schliesslich seinen Gruss;
Nach dem langen Hochlandswinter
Mög‘ erfreu’n sie Lenzgenuss.

»Deinen Auftrag zu entrichten,
Bin ich augenblicks bereit;
In die höchsten Luftesschichten
Heb‘ ich mich mit Leichtigkeit.

Morgen, lang vor Tagesgrauen,
Braus‘ ich durch die Lüfte fort;
Und schon abends werd‘ ich schauen
Meines Zauberberges Hort.

Weiss erglänzen seine Rosen,
Silbern strahlt im Mond der Schnee,
Und die Erikas, die losen,
Wuchern wild um seine Höh‘.

Meine lieben Salamander,
Meine Freunde, rufe ich,
Und sie kommen nacheinander
Aus den Felsen rings um mich.

Ach! wie werden sie sich freuen
Und die schwarzen Schwänzlein dreh’n!
In den Äuglein, diesen treuen,
Werd‘ ich nur Willkommen seh’n.

Endlos muss ich dann erzählen,
Wie so hoch der Domogléd,
Von den weissen Wasserfällen
Und der Cserna, so kokett!

Von dem Osternacht-Geheimnis
Red‘ ich aber lieber nicht;
Der Erfüllung bringt es Säumnis
Wenn man’s öffentlich bespricht.«

Doch nun richt‘ ich mir zur Reise
Meine Schwingen her zumal;
Bin dann wieder gleicherweise
Bald zurück im Zauberthal.

Die österreichische Kaiserin Elisabeth, liebevoll als Sissi (zeitgenössisch auch „Sisi“) bekannt, ist mehr als nur die Figur, die wir aus den Filmen kennen. Geboren am 24. Dezember 1837 in München, wurde Elisabeth von Bayern als Tochter von Herzog Max und Prinzessin Ludovika geboren. Als sie mit nur 16 Jahren den österreichischen Kaiser Franz Joseph I. heiratete, wurde sie zur Kaiserin von Österreich und Königin von Ungarn. Das Bild von Sissi als schöne, freiheitsliebende Frau, die sich den strengen Etikette des Wiener Hofes widersetzte, ist weit verbreitet. Sie war eine begeisterte Reiterin und verbrachte viel Zeit in der Natur, fernab der starren Protokolle des Hofes. Diese Naturromantik spürt man auch in ihrer Poesie.

Jedoch war das Leben von Sissi nicht nur von Glanz und Glamour geprägt. Sie litt unter dem Druck des Hofes und den Erwartungen an ihre Rolle als Kaiserin. Der tragische Tod ihrer geliebten Tochter Sophie im Alter von nur zwei Jahren und später der Selbstmord ihres Sohnes Rudolf im Jahr 1889 stürzten sie in tiefe Trauer. Diese persönlichen Tragödien verstärkten ihre Sehnsucht nach Freiheit und führten zu einer verstärkten Distanzierung vom Hofleben. Auf der Suche nach Trost und Erlösung reiste Sissi viel, verbrachte lange Zeiten in Korfu. Die Reisen, weit entfernt von den starren Konventionen des Hofes, gaben ihr eine gewisse Freiheit und ließen sie dem engen Korsett der höfischen Pflichten entfliehen.

Im Jahr 1898 traf Sissi schließlich ein tragisches Schicksal. Während sie sich zur Kur in Genf aufhielt, wurde sie Opfer eines Attentats und starb im Alter von nur 60 Jahren. Ihr Tod löste eine Welle der Trauer in ganz Europa aus. Heute bleibt neben ihrem Andenken auch das poetische Tagebuch, das sie als Erwachsene geführt hatte. Darin drückte sie zeitlebens ihre Gedanken und Gefühle aus. In ihrem Schreibstil orientierte sie sich an dem von ihr verehrten großen deutschen Dichter Heinrich Heine.

In dem vorliegenden Gedicht spiegelt sich die Sehnsucht und die Seelenwelt der Kaiserin wider. Das Gedicht eröffnet mit der Begegnung der Kaiserin mit einem Salamander, einem Symbol der Natur und des Lebens, das sie mit Freude erfüllt. Die dreifache Umarmung des Salamanders könnte die intensive Bindung der Kaiserin zur Natur sowie ihr Bedürfnis nach Nähe und Verbundenheit ausdrücken. Die Felsenzelle, zu der sich die Kaiserin begibt, könnte metaphorisch für ihre innere Zuflucht oder Einsamkeit stehen, während der Salamander als Botenfigur fungiert, der ihr Geschichten aus der Welt draußen überbringt. Die Warnung vor bösen Schlangen und Skorpionen könnte dabei sogar auf die Gefahren und Intrigen des höfischen Lebens hinweisen, denen die Kaiserin ihrem eigenen Empfinden nach womöglich ausgesetzt war.

Die Erwähnung des Zauberberges – gemeint ist wohl der Jainzenberg bei Ischl in Österreich – könnte auf Elisabeths Faszination für mystische Orte und ihre Suche nach spiritueller Erfüllung hinweisen. Die Beschreibung des Berges mit seinen weißen Rosen und silbernen Schneefeldern vermittelt eine Atmosphäre von Reinheit und Magie, die der Kaiserin Trost und Inspiration spendet. Die Salamander, die aus den Felsen kommen, um die Kaiserin zu begrüßen, könnten als Symbole für die Verbindung der Kaiserin zur Natur und zu den einfachen Freuden des Lebens interpretiert werden. Bei den Salamandern in Sissis Salamander-Lied handelt es sich nicht um Feuersalamander, sondern um schwarze Alpensalamander.


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Quellen und weiterführende Literatur

  • Elisabeth von Österreich-Ungarn: „Salamander-Lied“, in Elisabeth von Österreich-Ungarn: „Poetisches Tagebuch“

Lange schallt’s im Walde noch:
Salamander lebe hoch!


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