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Forschung & Sammlung

Schuhwaren Moritz Hiller (Schweinfurt)

Brückenstraße mit Schuhhaus Hiller (drittes Haus hinten links, Ansichtskarte um 1900),

Um 1910 erwarb der Schuhmacher und Schuhwarenhändler Moritz Hiller das Alleinverkaufsrecht der Marke Salamander für die bayrische Stadt Schweinfurt, die damals etwa 17.500 Einwohner zählte. Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts war die Familie Hiller mit Familienoberhaupt Moritz Hiller als Schuhwarenhändler in Schweinfurt aktiv. Sein Ladengeschäft, das er vermutlich mindestens 40 Jahre lang führte, befand sich in der Brückenstraße 5 am Markt. Während kaum noch zugängliche Zeugnisse des Salamander Schuhwarengeschäfts erhalten sind, so zeugt doch eine seltene Salamander-Reklamemarken von der Existenz der Alleinverkaufsstelle als eine der ersten des damals neu geöffneten Lizenzvertriebsnetzwerkes.


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Reklamemarke Moritz Hiller / Salamander (um 1908-1913)

Ab dem Jahr 1908 öffnete Salamander sein Vertriebsnetzwerk auch für Lizenzverkäufer in Städten mit weniger als 80.000 Einwohnern. Die angeschlossenen Schuhhändler profitierten von dem guten Namen der Marke und der hohen Präsenz in Anzeigen und Plakatwerbung. So entstand bis 1913 ein Netzwerk von 832 Alleinverkaufsstellen. Auch Schweinfurt fiel mit 17.500 Einwohnern im Jahr 1900 in die Kategorie der Kleinstädte, die nun für den Alleinverkauf qualifiziert waren.

Das Schweinfurt des Jahres 1910 war eine Stadt im Aufbruch. Durch den Anschluss an das Eisenbahnnetz im Jahr 1852 und den Bau des Hauptbahnhofs im Jahr 1874 war die Stadt an das Verkehrsnetz des Königreichs Bayern angeschlossen worden. Dies führte dazu, dass Schweinfurt zu einem wichtigen Knotenpunkt im bayerischen Eisenbahnnetz wurde. Die Eröffnung der Ludwigs-Westbahn von Bamberg nach Schweinfurt brachte nicht nur einen Anschluss an das Verkehrsnetz, sondern auch neue Möglichkeiten für die Industrie. Dadurch entstanden im Umfeld des Bahnhofs neue Gründerzeitviertel, die sich schnell entwickelten. Hier siedelten sich verschiedene Unternehmen an und es entstand ein neues Zentrum der Metallverarbeitung.

Die Stadt profitierte auch von der Entwicklung der Straßenbahn. 1895 wurde die erste kommunale Straßenbahn Bayerns eröffnet, die den Hauptbahnhof mit dem Stadtzentrum verband. Zunächst wurde sie von Pferden gezogen, später von Elektrizität angetrieben. Dies erleichterte den Transport von Menschen und Waren und trug zur wirtschaftlichen Entwicklung der Stadt bei. Die industrielle Entwicklung führte zu einem Bevölkerungswachstum und die Stadt wuchs schnell. Inmitten dieser boomenden Städteentwicklung lebte Moritz Hiller mit seiner Familie und betrieb als gelernter Schuhmacher bereits ab den 1870er Jahren einen Schuhwarenhandel.

Reklame Moritz Hiller (1876)

Moritz Hiller absolvierte 1865/66 eine Ausbildung zum Schuhmacher in der Abendschule an der Königlichen Gewerbeschule zu Schweinfurt. Als Schweinfurter Schuhwarenhändler ist er erstmals im Rahmen seiner Eheschließung im Juni 1873 mit Anna Elisabetha Triebel aus dem sächsischen Ebersbrunn dokumentiert, mit der er 1876 im Oktober die Tochter Katharina Philippine Louise bekam. Sein Schuhwarenlager befand sich in der Brückenstraße 5 in unmittelbarer Nähe zum Marktplatz. Die Veraufsstätte führte daher in Anzeigen auch den Namen „Moritz Hiller am Markt“. Zu den umliegenden Geschäften zählten das Café und Restaurant Hartmann direkt am Markt, der Gürtler Friedrich Matthes und die Schnitt- und Modewarenhandlung Carl Drescher. Da sich die Brückenstraße, in der auch die Stadtapotheke lag zwischen Markt und Rathaus erstreckte, war sie ein belebter und florierender Ort für Ladengeschäfte jeglicher Art.

Reklame Moritz Hiller (1878)

Über die Herkunft und das Alter Hillers kann nur spekuliert werden. Geht man davon aus, dass er zum Zeitpunkt der Gewerbeschule etwa 14-15 Jahre alt gewesen ist, ist sein Geburtsjahr grob auf 1850 zu datieren. Das deckt sich mit dem damals üblichen Eheschließungsalter von Anfang 20. Demnach wäre Moritz Hiller zum Zeitpunkt des Alleinverkaufs der Salamanderschuhe bereits mindestens 35 Jahre als Schuhhändler in Schweinfurt aktiv und zwischen 58 und 65 Jahren alt gewesen.

Auf die späte Verbindung Hillers mit Salamander deutet eine seltene Reklamemarke (siehe Abb. oben), von der heute nur noch eine Handvoll Exemplare in den Farben Gelb, Blau und Rot existiert. Das auf der Reklamemarke eingesetzte Logo stammt vom Architekten und Jugendstil-Pionier August Endell und war in den Jahren 1908 bis 1913 in Gebrauch. Die hochwertig gezeichnete und mit Jugendstil-Ornamenten verzierte Marke erschien parallel zu den offiziellen Reklamemarken aus der Feder von Max Körner und Wilhelm Bühler. Alleinverkaufs-Reklamemarken aus dem Filialnetz von Salamander sind aktuell nur noch von zwei weiteren Alleinverkaufsstelle bekannt, was Moritz Hiller durchaus eine Sonderstellung in der Salamander-Historie einräumt.

Reklame Moritz Hiller (1877)

Die Verwendung des Logos ermöglicht eine ziemlich eindeutige Datierung der Salamander-Verkaufsstelle auf die Jahre nach Öffnung des Filialnetzes 1908 und vor Einführung des neuen Logos 1913. Wie lange das Schuhwarenlager noch bestand, ist nicht bekannt. Die Reklamemarke stellt zugleich auch den zeitlich letzten Beleg der Verkaufsstelle Moritz Hillers Am Markt dar. Denkbar ist, dass der Schuhwarenhändler sich im hohen Alter aus dem Laden ohne Nachfolger zurückzog, ihn in Kriegszeiten schließen oder verkaufen musste.

Zwischen den Kriegen verliert sich auch die Spur Salamanders in der Stadt Schweinfurt. Irgendwann nach 1950 gab es eine Salamander-Filiale direkt am Marktplatz.

Reklame Moritz Hiller (1890)


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Quellen und weiterführende Literatur

  • Eigene Sammlung und Recherchen
  • „Jahresbericht der Königlichen Gewerbschule zu Schweinfurt für das Schuljahr 1865/66“ (1865), S. 14
  • „Schweinfurter Tagblatt: die Zeitung für die Region Main/Rhön“, Jahrgang 1873, verschiedene Ausgaben Juni 1873, online abrufbar im bavarikon der Bayrischen Staatsbibliothek, abgerufen am 03.09.2022
  • „Schweinfurter Tagblatt: die Zeitung für die Region Main/Rhön“, Jahrgang 1875, online abrufbar im bavarikon der Bayrischen Staatsbibliothek, abgerufen am 03.09.2022
  • „Schweinfurter Tagblatt: die Zeitung für die Region Main/Rhön“, Jahrgang 1877, online abrufbar im bavarikon der Bayrischen Staatsbibliothek, abgerufen am 03.09.2022
  • „Schweinfurter Tagblatt: die Zeitung für die Region Main/Rhön“ vom 13.12.1878, S. 2228
  • „Adreßbuch für die königlich bayerische Stadt Schweinfurt: nach zuverlässigen Materialien bearb. 1879“ (1879), S. 97 (Abschnitt Brückenstraße)

Lange schallt’s im Walde noch:
Salamander lebe hoch!


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