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Forschung & Sammlung

Werbespots von Hans Fischerkoesen

Hans Fischerkoesen (eigentlich Hans Fischer aus Kösen) war ein deutscher Zeichentrick- und Werbefilm-Pionier, der mit seinem Trickfilm-Studio Fischerkösen als „deutscher Walt Disney“ gehandelt wurde und immer wieder auch für große Marken Schuhwirtschaft wie Salamander, Elefanten Schuhe oder Erdal arbeitete. Sein erster animierter Werbefilm für Schuhe entstand bereits 1921 in der Frühzeit des Kinos für die Leipziger Schuhfabrik Nordheimer und begründete seinen jahrzehntelangen Erfolg als Animations-Werbefilmer. Insgesamt brachte seine Filmschmiede rund 1.200 stilprägende Arbeiten des deutschen Werbefilms hervor.


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Am 18. Mai 1896 wurde Hans Fischer in Bad Kösen im heutigen Sachsen-Anhalt (damals noch Kösen in der preußischen Provinz Sachsen) geboren. Als Kind litt er an schwerem Asthma und war dadurch lange Zeit seiner Kindheit und Jugend ans Bett gefesselt. Diese fehlende Mobilität regte nicht nur seine Fantasie an, sondern vor allem auch die frühkindliche Leidenschaft zum Zeichnen und Illustrieren. Zusammen mit seiner ebenfalls talentierten Schwester Leni, die ihn später noch bei vielen Animationsprojekten unterstützen sollte, besuchte er ab 1916 drei Jahre lang die Königliche Akademie für grafische Künste und Buchgewerbe in Leipzig (Rübner 2020). Anderen Quellen nach ging er auf die Kunstgewerbeschule in Berlin (Filmportal 2015). Aufgrund seines Asthmas wurde er nicht zum Militärdienst im ersten Weltkrieg eingezogen. In dieser Zeit entstanden auch bereits die ersten Skizzen zu seinem Animationsfilm „Das Loch im Westen“, welcher zum ersten langen deutschen Trickfilm werden sollte. Der 1919 veröffentlichte und mittlerweile verschollene Film schrieb Filmgeschichte und rechnete mit den Profiteuren des Kriegselends in der jungen Weimarer Republik der Nachkriegszeit ab.

Dass er nicht nur Lichtspielhäuser füllen kann, erwies Fischerkösen, der seinen Künstlernamen aus dem eigenen Nachnamen und dem Geburtsort bildete, bereits zwei Jahre später, als er 1921 den ersten Werbefilm für das Leipziger Schuhhaus Nordheimer produzierte. Der Werbefilm „Bummelpetrus“ legt den Grundstein für eine Werbe-Karriere. Mit der Dux-Film hatte er seine erste eigene Firma gegründet. Der Erfolg brachte ihm aber auch die Arbeit bei Julius Pinschweder und dessen Propaganda Film GmbH ein, bei dem er einen 2-Jahres-Vertrag unterschrieb. Mit „Der Pfennig muss es bringen“ entstand aus der Kooperation 1924 eine bis heute sehr renommierte Werbung für die Deutsche Sparkasse und die Giro-Genossenschaftsbank. Noch weitere Filme mit Bezug zu seiner Arbeitsstätte in Leipzig entstanden: „Das tausendjährige Leipzig“ (1925) war ein Kulturfilm mit Zeichentrickelementen über das Filmhaus Nitzsche, ein frühes Kino. Ab 1928 nannte er seine Produktionsfirma in „Fischerkösen“ um. Mit „61 Jahre Mode – 61 Jahre Aufbau“ warb er für das Textilkaufhaus August Polich, in dem 1898 die erste Rolltreppe Deutschlands installiert worden war. Mit seinem Humor, den fröhlichen Gestalten aus der Welt der Menschen, Tiere und Gegenstände kam Fischerkösen nicht nur beim Publikum gut an. Der Filmemacher arbeitete für Persil, Schell, Aral, Ata, Kaisers, Karl Hoeffkes, Nivea und viele mehr. Er weckte auch früh erste Assoziationen zu Walt Disney. Das rückt den Filmschaffenden aus Sachsen mit der Machtergreifung der Nazis auch in den Fokus Hitlers. Dieser, selbst ein großer Disney-Fan, ermöglicht, ermöglicht Fischerkösen die Produktion dreier bedeutender Trickfilme, mit denen nicht nur die Deutschen erfreut werden sollen, sondern auch die Bevölkerungen in den kriegsbesetzten Gebieten.

In seinem Film „Die verwitterte Melodie“ von 1942 bringt eine Biene oder Wespe ein verlassenes Grammophon auf der Blumenwiese mit ihrem Stachel wieder zum Laufen und sorgt für Stimmung im Insektenreich. Der Schneemann aus dem gleichnamigen Film des Folgejahres 1943 klettert zum Winterende in einen Kühlschrank, in dem er „übersommert“, um einmal im Leben den Juli zu sehen und zu schmelzen. Auch 1944 entstand noch einmal mit „Das dumme Gänslein“ ein Animationsfilm aus seiner Feder. Eine zunächst kleine und dann erwachsene Gans ignoriert dabei das gänsehafte Verhalten, das ihr vorgelebt wird, lässt sich mit dem Fuchs ein, der sie umgarnt und fressen will, und findet ein glückliches Ende erst ganz zum Schluss mit einem Gänserich. Von den Siegermächten wurden die Filme als Propaganda eingestuft. Außerdem soll der Regisseur Lehrfilme für die Wehrmacht produziert haben (Vgl. Der Spiegel 35/1956).

Hans Fischerkösen selbst war unpolitisch und nicht einmal Mitglied der NSDAP, aber sein Geld hatte er dennoch mit dem NS-Regime verdient. Im russischen Internierungslager Sachsenhausen überlebte er durch sein Zeichentalent, das ihm die lebenswichtigen Essensrationen der Russen sichert.

Die Meisterwerke Fischerkoesens auf Youtube:

Nach seiner Entlassung 1948 floh er in den Westen, wo er sich in der französischen Besatzungszone niederließ. Sein neu gegründetes Animationsstudio beschäftigte schon nach wenigen Jahren rund 60 Mitarbeiter und etablierte sich als feste Größe im Deutschen Werbefilm. Aral, Osram, Afri-Cola, Tempo und Haribo sind nur einige seiner Kunden. Erdal, Elefanten Schuhe und Salamander die anderen, jene Größen der Schuhindustrie, die sich in der Wirtschaft als Konkurrenten gegenüber standen, legten ihr Marketing-Glück allesamt in die Hände des sächssichen Filmeschaffenden aus Kösen. Neben dem Genie des Meisters war jedoch kaum Platz für weitere Künstler. Fischerkoesen soll bis zu 70 Stunden die Woche gearbeitet haben, an den Wochenenden Konzeptzeichnungen erstellt, jedes Drehbuch und jeden Liedtext selbst geschrieben und alle Werke höchstpersönlich kontrolliert haben, bevor sie das Werk verließen. Ein wichtiger Faktor war für Fischerkoesen auch die Marktforschung. Seine Angestellten saßen regelmäßig in den Kinos der westdeutschen Republik und achteten auf die Reaktionen der Zuschauer auf die Werbefilme. Rund 1.200 Filme entstanden so im Laufe des Lebens des Trickfilm-Pioniers, dessen Filme immer wieder zu überraschen wussten. Fischerkoesen ist der Schöpfer des NDR-Sehpferdchens (1959-69) und des (Fern-)Sehhunds Onkel Otto, dem Maskottchen des Hessischen Rundfunks (1958 – heute).

Der Niedergang des Erfolgs begann in den 1960er Jahren, als Kino- und TV-Spots zunehmend an Länge verlieren und weiter verdichtet werden mussten. Das passte schlecht zum Erzählstil und Witz Fischerkoesens, der ein Erzähler kleiner. liebevoll gestalteter Geschichten war. 1969 übergab er das Studio in die fähigen Hände seines Sohnes, der auf Lehrfilme umschwenken und zum Pionier der 3D-Animation werden sollte, und widmete sich im Ruhestand einer Idee für animatronische Puppentrickfilme. Durch seinen Tod im Jahr 1973 konnte er diese Vision jedoch nicht mehr verwirklichen.

Fischerkoesens großes Rennen für Elefanten Schuhe

1953 erschuf Fischerkoesen eine Fernsehwerbung für die Elefanten Marke aus Kleve zur Bewerbung der Elefanten Schuhe mit Strapa-Sohle. Eine Ente, ein Schaf, ein Känguru und ein Elefant liefern sich darin ein Rennen im Schuh, welches von einer Giraffe als Sportkommentator kommentiert wird. Während die anderen Schuhe mit den übrigen Tieren am Terrain oder an der Schuhverarbeitung scheitern, gelingt es dem Elefanten, sich durchzusetzen und das Rennen für sich zu gewinnen. Der zweieinhalb-minütige Werbefilm erinnert nicht nur an die liebevoll wuseligen Cartoons früher Trickfilmjahre, sondern persifliert auch den Rennzirkus rund um Autorennen auf humorvolle Weise. Der TV-Spot ist außerdem ein Beleg, dass die Bildmarke mit dem nach rechts blickenden Elefanten noch in den 1950er Jahren verwendet wurde.

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https://www.youtube.com/watch?v=vN96QG-fVl0

Fischerkoesen weiß viel über Salamander

Im Stile eines Lehrfilms greift Fischerkoesen auch die Elefanten-Konkurrenz-Marke Salamander auf. Was für eine enorme Wirtschaftsleistung das Unternehmen bereits wenige Jahre nach dem Krieg in den 1950er Jahren vollbrachte, zeigt der Vergleich mit dem Kölner Dom und dem Eifelturm und der Zugspitze. Die aufeinander gestapelte Tagesproduktion der Salamander-Schuhfabriken ist 18mal so hoch wie der Dom, 10mal so hoch wie der Turm und so hoch wie Deutschlands größter Berg. Das entspricht einer Produktion von 31.000 Schuhpaaren pro Arbeitstag. Datieren lässt sich der Werbespot aufgrund des verwendeten Salamander-Logos auf die Jahre 1953 bis 1959.

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https://www.youtube.com/watch?v=h3qvPBVXWt4

Noch einen zweiten Werbespot gab es aus der gleichen Zeit, der ebenfalls in diese Kerbe schlug und den Kornwestheimer Schuhfabrikanten als produktionsstarke Fabrik darstellte. Im zweiten Spot fährt ein Mann von Paris nach Istanbul (damals noch Konstantinopel). Auf der Fahrt fallen ihm entlang der Gleise viele weiße Schuhkartons auf, die aneinandergereiht die Strecke ergeben. Jeder Fahrgast scheint die Bedeutung zu kennen und auch der Schaffner nimmt ihm seine Unkenntnis nicht ab. Erst am Ziel erfährt der Reisende, dass es sich bei den Kartons der Strecke „Paris – Köln – München – Wien – Budapest – Konstantinopel“ um eine Jahresproduktion von Salamander handelt.

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https://www.youtube.com/watch?v=6yyCe3N7CDs

Fischerkoesens glänzende Idee für Erdal

Auch mit anderen Amphibien beschäftigte sich Fischerkoesen in den 1950er Jahren. Dass Erdal als Schuhcreme für besonderen Glanz sorgt, setzen die Filmemacher als bekannt voraus. So werden die Vorzüge der Frosch-Paste auch gleich besungen. Da die Schuhe nun aber glänzender sind als die Wohnung werden die Einrichtungsgegenstände neidisch und holen den Erdal-Frosch hinzu. Der schnappt sich die Hausfrau und geht mit ihr das neue Waxa-Bohnerwachs aus der Erdal-Fabrik kaufen. Und schon in der nächsten Szene werden auch die Waxa-Vorzüge besungen.

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https://www.youtube.com/watch?v=wX75ygetiDM

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Fischerkoesen Filmografie

Trickfilme (Auswahl)

  • 1919: Das Loch im Westen
  • 1942: Verwitterte Melodie
  • 1943: Der Schneemann
  • 1944: Das dumme Gänslein

Werbefilme für Schuhe und Schuhprodukte (Auswahl)

  • 1921: Bummel-Petrus (Schuhhaus Nordheimer, Leipzig)
  • 1953: Das große Rennen (Elefanten Schuhe)
  • 1953-59: Express Paris-Konstantinopel (Salamander Schuhe)
  • 1950er: Eine glänzende Idee (Erdal Schuhcreme & Waxa Bohnerwachs)

Quellen und weiterführende Literatur

  • Eigene Sammlung und Recherchen
  • Oliver Klatt: „Trickfilmpionier Hans Fischerkoesen: Hitlers Disney“, Spiegel Online „einestages“ vom 25.04.2013, archiviert im Web Archive, abgerufen am 28.06.2021
  • Claudio Ravenstein: „Nazi Propaganda in Animation. Dissertation.“, zitiert nach Website des Autors von 2016, archiviert im Web Archive, abgerufen am 28.06.2021
  • Rolf Giesen: „Bienenstich und Hakenkreuz. Zeichentrick aus Dachau – Die Deutsche Zeichenfilm GmbH“, Mühlbeyer Filmbuchverlag 2020
  • Jens Rübner: „Fischerkösen in Leipzig“ auf „Geheimtipp Leipzig“ Website vom 22.01.2020, abgerufen am 28.06.2021
  • „Fischerkoesen: Minnesang auf Markenartikel“ In: Der Spiegel. 35/1956, 29. August 1956, S. 34–40,  zitiert nach Spiegel Online Archiv, abgerufen am 21. Mai 2020.

Lange schallt’s im Walde noch:
Salamander lebe hoch!


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