Zu den etwas aktuelleren Comic-Lexika am Markt gehören die beiden von Marcel Feige herausgegebenen Werke „Das große Comic-Lexikon“ aus dem Jahr 2001 und die Neuauflage „Das kleine Comic-Lexikon“ aus dem Jahr 2005. Beide Ausgaben behandeln auch Deutschlands bekanntesten Werbecomic Lurchi und das bereits in seiner neuen Variante nach dem Relaunch der Werbefiguren im Jahr 2001. Erfreulicherweise wurden die Lexikoneinträge zwischen den beiden Veröffentlichungen noch einmal überarbeitet, so dass das „kleine“ Lexikon mehr ist als nur eine handliche Version des „großen“ Comic-Lexikons. Das Lexikon, das sich der schwierigen Aufgabe widmete, im unübersichtlichen Genre der Comics und ihrer Zeichner zu recherchieren, fokussiert dabei auf herausragende Künstler und Werke der Branche und gibt, ausführliche, aber zum Teil dennoch oberflächliche Einblicke.
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Mit über 600 bzw. über 800 Seiten Umfang haben die beiden Lexika von Michael Feige viel Platz für Themen, Werke und Biografien. Davon machen der Herausgeber und sein Autorenteam auch ausgiebig Gebrauch. Wie so viele Werke, die besonders umfassend sein wollen, ist aber wenig Platz für Ausführlichkeit und Details. So trägt das große Comic-Lexikon den sperrigen Untertitel „Von Asterix und Akira über Donald Duck und Dan Dare bis Superman und Yps. Digedags und Hergé: Die ganze wunderbare Welt der Bildergeschichten, ihre Zeichner & Autoren, Magazine & Figuren.“ – Selbstverständlich darf auch Lurchi, der Salamander aus Kornwestheim nicht fehlen. Lurchi war Deutschlands erste Werbecomic-Reihe und ist eine der bekanntesten Werbefiguren der Nachkriegszeit.
Lurchi im großen Comic-Lexikon (2001)
Feige, der den Beitrag selbst geschrieben hat, steigt bei der Vorstellung Lurchis gleich in der Moderne ein mit den Charakterisierungen des Lurchi-Freundeskreises nach dem Relaunch unter Dietwald Doblies im Jahr 2001. So wird Lurchi als gut gelaunt und tonangebend, neuerdings shirt-tragend beschrieben. Hopps wird sportlich und „musikalisch überdreht“, ehemals nackt und jetzt mit offenem Hemd und Bermudas. Mäusepiep ist bei Feige zugleich Hasenfuß wie „Allessammler“, Igelmann das Genie mit Designerbrille, Piping der junge und Schabernack treibende Kobold und Unkerich die Torten fressende Kröte. Die Charakterisierungen sind äußerst kurzsichtig und eindimensional, aber mehr kann man direkt nach dem Figurenrelaunch, der schon einige Monate später teilweise rückgängig gemacht wurde, wohl auch nicht erwarten. Auf die zu diesem Zeitpunkt rund 65-jährige Geschichte, die über die Jahrzehnte etablierten Figuren und deren Charaktere, geht Feige leider überhaupt nicht ein und so ist sein Lurchi-Lexikon-Artikel eine Momentaufnahme des „neuen Lurchis“ aus dem Jahr 2001. Auch auf die legendären Zeichner Lurchis wie Heinz Schubel, Piiit Krisp oder Dietwald Doblies wird leider mit keinem Wort eingegangen, obwohl man die Meilensteine der Lurchigeschichte mit Leichtigkeit unter Weglassung aller „Zwischenzeichner“ bei diesen drei Künstlern verorten kann. Der Titel von „Lurchis Abenteuer“ wird von Feige irritierenderweise falsch mit „Lurchi und seine Freunde“ angegeben.
Immerhin gibt es einige weitere Fakten zur Geschichte, nämlich Lurchis Ursprünge in den 1930er Jahren, wobei die Erstdatierung auf 1937 etwas strittig ist und Lurchi vermutlich schon mindestens ein Jahr länger existierte. Auch die Gesamtauflage von 300 Millionen Exemplaren, die von Lexika gerne zitiert wird, wird genannt, sowie die Audio-Abenteuer auf CD und Hörspielkassette. Anschließend und zugleich abschließend fabuliert der Autor noch über angebliche Abenteuer im Fernsehen und Radio, die es so überhaupt nicht gab. Außerdem wird der Salamander, bei dem es sich um eine Amphibie handelt, fälschlich als Reptil und als Echse benannt. Mit vielen Schwächen wartet Marcel Feiges Lexikon-Eintrag von 2001 somit auf. Dabei stand dem Autor, wie man durch die Abbildung des Titelbildes des Ausstellungskatalogs und Lurchi-Fachbuchs „Dem Feuersalamander auf der Spur“ neben dem Artikel erkennen kann, die zu diesem Zeitpunkt beste und umfangreichste Quellensammlung zur Verfügung.
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Lurchi im kleinen Comic-Lexikon (2005)
Erfreulicherweise gibt es mit dem kleinen Comic-Lexikon und seinem neuen, aber nicht minder sperrigen Untertitel „Die schönsten Comics. Die besten Zeichner. Die witzigsten Texter. Ein Streifzug durch Superhelden-Kosmos, Marcinelle-Schule, Ligne Clair und deutsch-deutsche Comic-Geschichte“ aus dem Jahr 2005 eine Neuauflage, die ihrem Namen gerecht wird. Erweitert wurde dabei keinesfalls nur der Umfang des Werkes, sondern es zeigen sich echte Bemühungen, bestehende Einträge zu aktualisieren. Dies laut Vorwort wohl auch, weil es aus der Szene durchaus Kritik am Versucht gab, die exponentiell wachsende, bunte Comicwelt zwischen zwei Buchdeckel zu pressen und erklären zu wollen. Feige schränkt ein, dass er sich mit seinem Werk daher auch mehr an die Normalverbraucher richten möchte, die sich schnell einen Überblick verschaffen wollen.
Auch der Artikel über Lurchi hat einige Überarbeitungen und Erweiterungen erfahren. Die wesentlichen Fehler der Version von 2001 wurden dabei jedoch leider beibehalten und neue Fehler hinzugefügt. Der Lexikon-Schreibe beharrt auch weiterhin darauf, dass die Heftreihe in „Lurchi und seine Freunde“ umbenannt worden sei und Unkerich eine verschlafene, Torten fressende Kröte sei. Feige, der Lurchi mit einem Zitat der Süddeutschen Zeitung als „spaßig, spießig“ bezeichnet, greift den falschen Mythos auf, dass die Lurchi-Hefte eingeführt wurden, damit die Kinder die Eltern nicht beim Einkauf störten. Außerdem benennt er fälschlicherweise den österreichischen Maler Laszlo Pinter als ersten Lurchi-Zeichner – eine These die nie ernsthaft verfolgt wurde. Immerhin werden in der Neuauflage des Lexikons Heinz Schubel und Erwin Kühlewein als Urheber der Nachkriegs-Abenteuer benannt. Dass Dietwald Dobles die beiden Ende der 1980er Jahren ablöste und gelegentlich von piiit Krisp unterstützt wurde ist jedoch gänzlich falsch. Schubel zeichnete bis 1972, Doblies übernahm 1995 von piiit Krisp, der schon seit 1976 und zuletzt im Alleingang zeichnete. Zwischen Schubel und Krisp gab es weitere Zeichner, die man kurzhalten aber nennen kann.
Feige schließt mit der Insolvenz der Firma Salamander im Jahr 2004 und zieht daraus den Schluss, dass Lurchis Zukunft ungewiss sei. Eine Prognose, die sich glücklicherweise nicht bewahrheitete. Zur Bebilderung des Lexikoneintrags dienen in der Nauauflage neben dem Ausstellungskatalog „Dem Feuersalamander auf der Spur“ auch drei Cover von alten Lurchi-Heften aus der Ära Schubel (Hefte 26, 32 und 35).
Bei aller Kritik an den Lurchi-Einträgen der beiden Lexika, gelingt es Feige und seinem Team dennoch, ein brauchbares und unterhaltsames Standardwerk vorzulegen, das als Basis zum Einstieg in die Comic-Materie taugt und den meisten anderen Werken schon durch seine Aktualität voraus ist, obwohl es bereits vor fast 20 Jahren veröffentlicht wurde. Dass keine weitere Auflagen mehr erschienen sind, ist bedauerlich.
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Quellen und weiterführende Literatur
- Marcel Feige (Hrsg): „Das große Comic-Lexikon. Von Asterix und Akira über Donald Duck und Dan Dare bis Superman und Yps. Digedags und Hergé: Die ganze wunderbare Welt der Bildergeschichten, ihre Zeichner & Autoren, Magazine & Figuren.“ (2001), Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag (Berlin), 608 Seiten, hier S. 326-327
- Marcel Feige (Hrsg): „Das kleine Comic-Lexikon. Die schönsten Comics. Die besten Zeichner. Die witzigsten Texter. Ein Streifzug durch Superhelden-Kosmos, Marcinelle-Schule, Ligne Clair und deutsch-deutsche Comic-Geschichte“ (2005), Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag (Berlin), 824 Seiten, hier S. 489-491
Lange schallt’s im Walde noch:
Salamander lebe hoch!
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© Alle Abbildungen sind, soweit nicht anders gekennzeichnet, eigene Fotografien. Das Urheberrecht an der Gestaltung der abgebildeten Objekte liegt bei ihren jeweiligen Illustrator:innen und Produktgestalter:innen, die nach Möglichkeit und bester Kenntnis genannt werden. „Salamander“ und „Lurchi“ sind lange eingetragene Warenzeichen der Salamander AG und Salamander GmbH gewesen. Das Copyright der Illustrationen liegt bei Salamander, bzw. hinsichtlich der Lurchi-Bücher beim Esslinger Verlag. Lurchi ist seit 2023 eine Marke von Supremo.
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