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Forschung & Sammlung

Salamander im Spinner-Song der Nina Hagen Band

Dass die Schuhe der Marke Salamander es schon lange in die Popkultur der Bundesrepublik geschafft hatten, ist unverkennbar, wenn man auf die Vielfalt der Literaten schaut, die sich in ihren Romanen oder Erinnerungen mit Geschichten rund um den Schuhkauf im Salamander-Geschäft beschäftigen. Auch, dass Lurchi heute in vielen Alltags-, Produkt- und Werbemuseen steht, zeigt den Einfluss der Kornwestheimer Marke auf viele Generationen. Wenig bekannt aber ist, dass die Salamander-Schuhe sogar bei der deutschen Punk-Ikone Nina Hagen vorkommen, die durch das Besingen von Alltagsgegenständen wie dem vergessenen Farbfilm unvergessen ist.


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Es war vier Jahre nach Nina Hagens großem Schlager-Hit „Du hast den Farbfilm vergessen“ mit der DDR-Rockband Automobil und zwei Jahre nach ihrer Emigration aus dem sozialistischen Staat nach einer Solidaritätsbekundung für Rolf Biermann, den Lebensgefährten ihrer Mutter, der im gleichen Jahr ausgebürgert worden war. Nach ihrer Übersiedlung in die Bundesrepublik gründete sie im Herbst 1977 zusammen mit den Musikern Bernhard Potschka, Herwig Mitteregger und Manne Praeker, die zuvor bei Lokomotive Kreuzberg gespielt hatten, sowie mit Reinhold Heil die Nina Hagen Band, deren gleichnamiges Debütalbum 1978 erschien und bis heute als Wegbereiter der Neuen Deutschen Welle gilt, auch wenn es eine bunte Mischung aus Reggae, Rock’n’Roll und Punk-Elementen bereithielt.

Als eine der langsamen Rockballaden ist als vorletzter Song, das Lied „Der Spinner“ enthalten, in dem sich Sprech- und Gesangspassagen abwechseln und das besondere Timbre der schrillen Stimme Nina Hagens den Inhalt auf skurrile Weise bis hinein in die Groteske überspitzt. Der Song, zu dem sich nur eine einzige Online-Rezension findet (Vgl. Musicmaniac), blieb weitgehend unbeachtet. einigermaßen bekannt scheint er vor allem durch den gelegentlich in Verbindung mit der Firma Salamander zitierten Vers „Bei Wertheim gab es Salamander. Ich bring‘ dir einen mit ins Moos.“ (Vgl. Duve/Völker), eine Anspielung zugleich auf die bekannte Schuhmarke mit ihrem Erfinder Rudolf Moos als auch auf den Feuersalamander, der im Moos deutscher Wälder zu finden ist.

Wertheim war eine deutsche Warenhauskette, die im zweiten Weltkrieg enteignet und später wieder gegründet worden war. 1978 waren besonders die Häuser in Berlin-Steglitz und am Kurfürstendamm sehr renommierte Einkaufsadressen. Nina Hagen lebte zu dieser Zeit in Berlin (West), wo es anders als in der DDR in vielen Schuhläden die beliebten Salamander-Schuhe zu kaufen gab. Das ungewöhnliche Mitbringsel bekommt im Lied allerdings einen düsteren Touch, da zunehmend klar wird, dass „Der Spinner“ womöglich nicht der Aussteiger ist, der sich im Wald ein Bett im Moos errichtet hat. Sowohl der Abschiedsbrief, als auch das Moosbett, die Flöten auf der Wiese, die scheinbar gänzlich unpassende Erwiderung der alten Frau auf die Frage nach dem Wald mit dem Tod ihres Mannes, als auch das Übersetzen mit der Fähre (Vgl. Charon und der Fluss Styx in der Mythologie) und in diesem Zusammenhang das Zahlen mit Münzgeld, das Ins-Wasser-gehen (Vgl. auch „Die Elbe“ bei Wolfgang Borchert von einem Selbstmörder, der in der Elbe „pennen“ möchte) sind Symbole für den Tod und das Sterben. Vielleicht sogar die Zugfahrt mit der alten Frau, die im Wiedersehen mit dem Freund mündet.

Der Song ist voll von verpassten Gelegenheiten wie dem einer flüchtigen Begegnung gleich vorbeirasenden Schnellzug, dem schriftlichen Abschied per Brief, der klebrige Bonbon und selbst das Wiedersehen, dass keine wirkliche Verständigung sondern nur eine endliche Vereinigung bringt. In diesen morbiden Zusammenhang gestellt, fallen die Salamander von Wertheim beinahe ungewöhnlich heraus. Durch die Transzendenz, in der aus den Schuhen das Tier Salamander wird, kann man aber auch dessen mystische Symbolik der Wiedergeburt und des Bestehens gegen das (Fege)feuer hinein interpretieren. Die Salamanderschuhe lassen sich also als Abschiedsgeschenk für das Nachleben lesen, was das Lied nicht unbedingt heiterer macht.

Der Song, bzw. das Album ist kein absolutes Muss für jede Salamander-Sammlung, aber für echte Sammler, die sich auch mit der popkulturellen Wirkung der Marken Lurchi und Salamander beschäftigen, kann es das Sammelgebiet abrunden. Als Musik-CD bekommt man es inkl. Versand für etwa 5 bis 8 Euro, als Vinyl-Platte für rund 8 bis 15 Euro.

Nina Hagen – Der Spinner – Lyrics / Songtext

Ich lauf ’n Bahnsteig lang und weiß nich‘
Ob ich hier weg fahr‘ oder was
Ey, guck mal, da kommt ’n Schnellzug und fährt weiter
‚N Bulle von der Bahn taucht auf

Ich halt‘ den Brief in meiner Hand fest
Da steht, du fühlst dich tot wie Stein

Ürgh, und dass du dir jetzt ’n Wald suchst
Um dir im Moos ’n Bett zu bauen
Dein Riesensaxophon ist natürlich auch da
Und Flöten, Flöten sollen auf der Wiese wachsen

Die alte Frau bezahlt mit Kleingeld
Wir warten auf den nächsten Zug

Ich frag‘ die Alte, wo der Wald is‘
Sie sagt: „Mein Udo is‘ schon lange tot“

In meiner Tasche klebt ’n Bonbon
Wir steigen ein in unser’n Zug

Bei Wertheim gab es Salamander
Ich bring‘ dir einen mit ins Moos

Als ich in Hamburg aus’m Zug steig‘
Lauf‘ ich durch Straßen bis zur Elbe hin
Down to the River

E-Ey, da seh‘ ich dich am Ufer stehen
Ich fass‘ dich an und so, du hörst nichts
Du sagst, du musst zum ander’n Ufer
Die Fähre fährt am nächsten Tag

Ich dachte, dass du tief im Wald wohnst
Ich wusste nichts von deinen Ufern!


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Quellen und weiterführende Literatur

  • Eigene Sammlung und Recherchen
  • Kristoffer Leitgeb: „Nina Hagen Band – Nina Hagen Band“ auf der Website Music Maniac, Artikel vom 28.11.2020, abgerufen am 27.05.2022
  •  Karen Duve / Thies Völker: „Lurchi“ in Karen Duve / Thies Völker: „Lexikon berühmter Tiere“ (1997), Eichhorn Verlag

Lange schallt’s im Walde noch:
Salamander lebe hoch!


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© Alle Abbildungen sind, soweit nicht anders gekennzeichnet, eigene Fotografien. Das Urheberrecht an der Gestaltung der abgebildeten Objekte liegt bei ihren jeweiligen Illustratoren und Produktgestaltern, die nach Möglichkeit und bester Kenntnis genannt werden. „Salamander“ und „Lurchi“ sind lange eingetragene Warenzeichen der Salamander AG und Salamander GmbH gewesen. Das Copyright der Illustrationen liegt bei Salamander, bzw. hinsichtlich der Lurchi-Bücher beim Esslinger Verlag. Lurchi ist seit 2023 eine Marke von Supremo. 

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