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Forschung & Sammlung

Rudolf Moos: Nach Salamander kam Puma

Welche Verbindung hat die Marke Salamander zu Puma Schuhen? Heute würde man wohl sagen: keine. Doch vor 100 Jahren fiel diese Antwort anders aus und die Verbindung hieß Rudolf Moos. Durch Uneinigkeit trennten sich im Jahr 1909 die Wege von Moos und den Sigle-Brüdern, welche die Marke Salamander, deren Name ursprünglich auf eine Idee und Patentamtseintragung Moos zurück ging. Der Lederwaren- und Schuhhändler, der maßgeblich zum späteren Welterfolg der Marke Salamander beigetragen hatte, konnte auch nach der Trennung nicht von Schuhen lassen und startete von Nowawes bei Potsdam aus weitere Marken nach dem gleichen Konzept: Fasan und Puma für Damen und Herren.


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Haase & Russ Schuhfabrik - Puma Schuhfabrik GmbHEntstehung der Marke Puma ab 1910

Puma Schuhe verbinden wir heute unweigerlich mit Rudolf Dassler, der das Unternehmen 1948 für den Fußball- und Sportschuhbereich gründete. Die Brüder Dassler waren seit den 1920er Jahren auf dem Schuhmarkt aktiv und gründeten die Sportschuhfabrik Gebrüder Dassler. Nach dem zweiten Weltkrieg trennten sich Adolf und Rudolf und gingen getrennte Wege. Der eine gründete Adidas (aus Adolf Dassler), der andere Puma (Rudolfs  Dasslers Spitzname in Jugendjahren). Der ursprüngliche Name Ruda (aus Rudolf Dassler) wurde verworfen. Im Jahr 1948 folgten die Handelsregister-Eintragung und die Produktion der ersten Sportschuhe. Beide Brüder brachten ihre Unternehmen an die absolute Weltspitze. Doch Rudolf Dassler war gar nicht der erste, der den Namen Puma für Schuhe verwendete. Ihm voraus ging ein anderer Rudolf, nämlich Rudolf Moos, bekannt und verwandt mit Albert Einstein, Freund des Jugendstil-Architekten August Endell und Erfinder und Mitgründer der Marke Salamander Schuhe.

Puma Stiefel Reklamemarken (um 1912)

Moos hatte ein gutes Gespür und einen ausgeprägten Geschäftssinn. Bereits 1899 hatte der Lederwaren-Händler, der seine eigene Schuhpflege herstellte, für sein Lederpflegemittel die Marke Salamander eintragen lassen. Als er das Geschäft 1904 um Schuhe erweitern wollte und den Schuhpreis als zentralen Verkaufspunkt identifizierte, fand er über eine Ausschreibung die Kornwestheimer Schuhfabrikanten Jakob Sigle und Max Levi. In Berlin wurde eine Vertriebsgesellschaft gegründet, die von Moos geführt wurde. Moos brachte seine Marke und Sigle die Schuhfabrik als Tochterunternehmen ein. Gemeinsam mit dem entstehenden Filialnetzwerk legten sie den Grundstein für eine Weltfirma. 1909 trennten sich die Wege der Gründer aber wieder. Moos veräußerte seine Anteile und bemühte sich ab 1910 im Berliner Raum um neue Produktionsstätten für Schuhwaren. Die neuen Marken, natürlich wieder Tiernamen, hatte er schon im Kopf: Puma und Fasan, die er sich vorsorglich beim kaiserlichen Patentamt in Berlin gesichert hatte. Erneut ging es vorrangig darum, gute Qualität für einen günstigen Einheitspreis anbieten zu können. Anders als bei Salamander sollten die Schuhe aber überall angeboten werden und nicht nur in Alleinverkauf-Schuhgeschäften.

Fündig wurde Moos bei der seit 1900 bestehenden Nowaweser Schuhfabrik Haase & Russ. Durch Zufall hatte er den Besitzer Jaques Russ auf einer Zugfahrt kennengelernt und sich sofort mit ihm verstanden. Unter der Marke „Puma“ wurden Schuhe zum Einheitspreis von 10,50 Mark hergestellt. Egon Hirsch wurde als Schuhdesigner eingestellt. Die Geschäftspartner von Moos, Hirsch und Russ, bestanden jedoch darauf, das Erfolgsmodell von Salamander zu kopieren, was diesem wiederum auch aufgrund vorher getroffener Zusagen gegenüber Max Levi nicht gefiel. Erst als auch die Schuhhändler auf Alleinverkaufsrechten bestanden, passte sich Moos den Forderungen an. Um die Fasan-Marke noch aufzusparen, entschied sich Moos, zunächst nur Puma einzusetzen.

Die Schuhfabrik in Nowawes

Puma Reklame (1911/1912)

Bereits im Oktober 1900 hatte sich die Haase & Russ Schuhfabrik GmbH in der ehemaligen Weberkolonie Nowawes (später umbenannt und eingemeindet als Potsdam-Babelsberg) niedergelassen. Schon im Gründungjahr hatte der Betrieb von Jaques Russ (1867-1930) und seinem Geschäftspartner Wilhelm Haase (1887-1965, nach anderen Quellen auch E. Haase) zwanzig Mitarbeiter. Russ und Hirsch kamen beide aus Webereien; Haase war selbst Webermeister, Russ leitender Angestellter bei Adolf Pirsch gewesen. Mit Hilfe des Lederdesigners Egon Hirsch stellten sie durchgenähte und rahmengenähte Schuhe für Damen und Herren her, anfangs 150 Stück am Tag.

Zehn Jahre später wurden bereits 700 Paar Schuhe täglich produziert. Die Lage der Ortschaft mit der Chaussee nach Berlin (später Fritz-Engels-Straße) kam dem Industriestandort zugute und seit dem Bau der Eisenbahnverbindung Potsdam-Berlin 1838 gewann Nowawes als Industriestadt noch an Bedeutung. Besonders Weberei und verarbeitende Betriebe hatten sich hier angesiedelt und ab 1911 kamen die Ufa-Studios mit ihrem Atelier für Filmschaffende hinzu. Kanalisation und Elektrizität wurden in der Gemeinde über die Industrieansiedlungen hinaus auch für die Bevölkerung noch bis 1906 ausgebaut. Die trotzdem schlechten Arbeits- und Lebensbedingungen und die daraus resultierenden Widerstände hatten den Nowaweser Webern und Arbeitern allerdings einen aufständischen Ruf bereitet. Als das „Rote Nowawe“ war die Industriestadt mit ihren politisch den Ideologien der KPD und SPD anhängenden Einwohnern im adeligen Potsdam verschrien.

Die niedrigen Löhne waren aber auch ein Standortfaktor, der es der Puma Schuhfabrik ermöglichte, günstig zu produzieren und mit ihrem Einheitspreis von 10,50 Mark gutes Schuhwerk zu erschwinglichen Preisen herzustellen. Zum Vergleich: Ein Salamander-Schuh kostete damals 12,50 Mark. Das Geschäft der Schuhfabrik lief ausgezeichnet, was womöglich auch den Talenten von Rudolf Moos im Marken- und Filialnetzaufbau zu verdanken war. Wie Rudolf Moos war auch Jaques Russ für seine fachlichen Expertise in der Schuhherstellung und beste Kontakte sowie ein gutes Netzwerk bekannt. Die beiden Männersaßen in mehreren Ausschüssen und Verbänden der Leder- und Schuhindustrie sowie in Ausschüssen des Handwerkes. Mit dem Kaufhaus des Westens (KDW, heute KaDeWe) in Berlin, das bis heute zu den international führenden Warenhäusern gehört, hatten sich die drei Schuhfabrikanten einen renommierten Geschäftskunden und Vertriebspartner an Land gezogen. Auch in weiteren Filialen, die wie das KWD von Adolf Jandorf betrieben wurden, ein Kaufhaus am Berliner Spittelmarkt und ein Kaufhaus in der Leipziger Straße wurden die Puma-Schuhe platziert. Bereits 1911 eröffnete das erste „Puma“-Schuhgeschäft mit Alleinverkaufsrecht in der Hamburger Mönckebergstraße. Betrieben wurde es von niemand anderem als der renommierten Firma I.W. Meyer, die mehrere Schuhhäuser besaß und den Levi Brüdern gehörte, die Moos aus seiner Zeit bei Salamander kannte. Mehrere Hundert Schuhhäuser standen in den Startlöchern, um die Puma-Schuhe in ihr Sortiment aufzunehmen oder gar im Alleinverkauf zu vertreiben.

Gründung der Puma Schuhfabrik GmbH

Puma Reklame (um 1911/1912)

Zur Vermarktung wurde die Puma Schuhfabrik GmbH am 10. Juli 1911 mit 30.000 Reichsmark Stammkapital gegründet, an der Moos, Hirsch und Russ zu gleichen Teilen beteiligt waren. Da die anderen beiden jedoch keine Liquidität für die Einlage hatten, lieh Moos ihnen das Geld gegen entsprechende Sicherheiten. Das Geschäft wuchs rapide und schon im ersten Jahr wurden die Produktionskapazitäten für Puma Schuhe in der Haase & Russ Fabrik knapp. Moos kaufte günstiges Land für 25.500 Reichsmark, das zehnmal die Fläche der Schuhfabrik bot und beschloss, dort bis zum Bau einer Fabrik Kleingartenkolonien zu vermieten. Am Rande des Grundstücks ließ er sich von seinem Freund August Endell imit der Villa Moosgarten ein Wohnhaus mit Gärtnerei errichten.

Die Marke Puma war in aller Munde. 1912 wurde Moos vom Langstreckenläufer Hermann Müller kontaktiert, der anbot, Puma Schuhe beim nächsten 25 Kilometer Lauf zu tragen, wenn er die Schuhe behalten dürfe.  Für Moos war das eine ein einmalige Gelegenheit, denn der Sieger des Rennens durfte sich Weltmeister über diese Distanz nennen. Tatsächlich gewann Müller mit den Laufschuhen von Puma. An den Erfolg von Salamander konnte Puma dennoch nicht anknüpfen. Die Salamander-Filialen hatten einfach den Vorteil des Alleinverkaufs, wohingegen Puma nur eine Schuhmarke unter vielen war, sogar am Point of Sale also Konkurrenz ausgesetzt war. Im Kaufhäusern war es noch schlimmer. Dort war die Schuhabteilung nur eine von vielen. Die vielen Verkaufsstellen boten also nur Quantität, aber keine Qualität. An der Qualität mangelte es auch bezüglich der Schuhverarbeitung aus der Nowaweser Fabrik. Die war zwar gut, aber nicht so gut wie die nur zwei Mark teureren Salamander-Schuhe.

Das merkte auch Adolf Jandorf im Kaufhaus des Westens, wo die Verkaufszahlen weiter hinter den Bestellungen zurückblieben. Er bestellte sich Rudolf Moos ein, auf dessen Empfehlungen er sich verlassen hatte. Dieser versicherte ihm, entgegen vertraglicher Vereinbarungen keine Ware abnehmen zu müssen, die sich nicht verkauft. Zurück bei seinen Geschäftspartnern kam es zum Streit und zum Zerwürfnis über dieses Zugeständnis an Jandorf. Moos aber konnte über Kontakte ein Schuhgeschäft organisieren, das die Überproduktion zu den Produktionskosten und 10 Prozent Aufschlag wie in einem Fabrikverkauf abverkaufte. Moos‘ Idee, die neue Preispolitik zur Grundlage des gesamten Business zu machen, stieß bei Hirsch und Russ erneut auf Widerstand, da diese zu stark gewinninteressiert waren.

Rückzug von Rudolf Moos

Puma Reklame (um 1911/1912)

Moos beschloss daraufhin 1913, sich aus dem Puma Geschäft operativ zurückzuziehen. Er ließ seine insgesamt rund 500.000 Reichsmark Investition und Bankbürgschaften in der Firma, sicherte sich im Gegenzug von seinen Geschäftspartnern aber eine Verzinsung von 5 Prozent jährlich unabhängig von Gewinn oder Verlust. Als im Jahr darauf der erste Weltkrieg ausbrach, lief es trotz Lederknappheit in den späteren Kriegsjahren gut für die Puma Schuhfabrik, die einen Großauftrag des Deutschen Heeres angenommen hatte. An den Profiten partizipierten nur Hirsch und Russ, da Moos entsprechend seiner Vereinbarung nur 5% Zinsen auf seine Einlage bekam. Hier soll es laut Moos dann auch zu ersten Zerwürfnissen zwischen den übrigen Geschäftspartner gekommen sein. Russ versuchte, Hirsch zur Abtretung seiner Anteile an ihn zu bringen. Der aber soll sich, um dem Kriegsdienst zu entgehen mit einer der Maschinen vorsätzlich wehruntauglich gemacht und dabei zwei Finger verloren haben, war an einer Aufgabe seiner Alterssicherung somit nicht interessiert. Moos, der dabei helfen sollte, Hirsch zum Rückzug zu bewegen, suchte mit beiden Parteien das Gespräch, weigerte sich aber, im Gegenzug für seine Vermittlung entlohnt zu werden. Vom Krieg wollte er schlichtweg nicht profitieren.

1915 war es dann so weit, dass Russ der Hauptanteilseigner der Schuhfabrik wurde. Durch den Rückzug Hirschs zu Reichtum gekommen, erklärte Russ 1922 gegenüber Moos, auch diesen auszahlen zu wollen. Moos willigte ein. Obwohl ihm das Recht dazu zugestanden hätte, entschied Moos sich seinen Memoiren zufolge, nicht nach dem Gewinn der letzten Jahre zu fragen. Doch nachdem die Rückzahlungsraten ausblieben, gab es erneut Streit ums Geld. Moos hatte in Goldmark eingezahlt, Russ aber wollte ihn nur in Papiermark zurückzahlen, die bereits nahezu keinen Wert hatten. Moos fühlte sich anschließend Zeit seines Lebens betrogen.

Nowawes Stadtwappen auf Reklamemarke (Kaffee Hag. 1926): Bömischer Weber und Neuendorfer Eiche

Für Russ aber florierte das Schuhgeschäft auch weiterhin. Neben den Puma-Schuhen produzierte die Haase & Russ Schuhfabrik ab 1925 auch die Marke „Stephan-Schuh“ des Nowaweser Schuhmachers und Produktdesigners Otto Stephan, die im Jahr 1930 bereits die Hälfte der Produktion ausmachten. Die Marken Fasan und Mara werden fälschlicherweise ebenfalls oft der Schuhfabrik Haas & Russ zugeschrieben. Mara war in Wirklichkeit eine Marke der Levi-Brüder und Fasan ein Projekt von Rudolf Moos mit M. & L. Hess. An beiden Marken hatte die Nowaweser Schuhfabrik keinen Anteil. Als 1925 Werner und Walter Russ, die Söhne von Jaques Russ in die Geschäftsführung eintraten, hatte die Fabrik bereits eine Belegschaft von 350 Angestellten und umfasste räumlich ein ganzes Areal mit mehreren Bauten, von denen heute nur noch einige stehen. Auch die Gemeinde Nowawes war weiter gewachsen und hatte mittlerweile das Stadtrecht bekommen. Jacques Russ wurde in die Stadtverordneten-Versammlung gewählt. Das Geschäft florierte, doch schon zwei Jahre später sollte die Wirtschaftskrise folgen, die auch in Nowawes wieder zu Elend führte und viele ansässige Unternehmen in die Pleite führte. Die Schuhfabrik blieb davon weitgehend verschont. Das ursprünglich für einen Neubau erworbene Gelände an der Horststraße wurde 1929 endgültig in Kleingartenkolonien für die Mitarbeiter umgewandelt. Auch die Gärtnerei von Rudolf Moos musste weichen. Am 9. April 1930 verstarb Jacques Russ im Alter von 62 Jahren.

Nach dem Tod des Vaters ging das Unternehmen auf die Söhne über. Beide hatten vor ihrem Eintritt in das Unternehmen Ausbildungen in Schuhindustrie-Betrieben absolviert und waren bestens qualifiziert. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten und der Etablierung des NS-Regimes wurde es auch für die Familie Russ gefährlich in Deutschland. Jüdische Unternehmen mussten Repressionen und Enteignungen, Unternehmer Verfolgung und Ermordung befürchten. 1936 verließen die Söhne Walter und Werner Deutschland in Richtung der Niederlande. Die waren während des ersten Weltkriegs neutral geblieben und viele Juden suchten dort Schutz vor einer Verfolgung durch die Nationalsozialisten. Bruder Günther ging unter neuem Namen als Victor Ross nach Großbritannien. Trauriger Auslöser der Flucht war der Selbstmord der Mutter, die in ihrem Abschiedsbrief bestimmte, die Jungs müssten nun nicht mehr ihretwegen bleiben. Werner Russ taucht in den ersten Kriegsjahren als Manager in der Schuhfabrik von David Wolff in Naaldwijk in den Niederlanden auf, bis ihm 1941 ein Berufsverbot ausgesprochen wurde. 1942 wurde er inhaftiert, in ein Arbeitslager gebracht und ermordet.

Walter Russ überlebte den Krieg nur knapp. Aufgrund seiner Hochzeit mit einer Nicht-Jüdin wurde er inhaftiert und in ein Arbeitslager gebracht, aus dem er 1944 fliehen konnte. Nach dem Krieg leitete er die bekannte Kinderschuh-Fabrik Renata und lebte noch bis 1976. Rudolf Moos konnte mit Hilfe seines berühmten Cousins Albert Einstein gegen Geldzahlung nach Birmingham emigrieren und lebte noch bis 1951. Die Puma Schuhfabrik findet sich noch bis 1939 im Firmenregister ohne dass ein neuer Inhaber bekannt geworden ist. Teilweise kann man auch lesen, die Marke Puma sei vorzeitig gelöscht worden, obwohl sie bis 1941 auch ohne Verlängerung fortbestanden hätte, da sie sich in jüdischem Besitz befunden hatte. Ab 1948 gab es dann wieder eine neue Schuhmarke mit Puma als Namen.

Sammelobjekte Puma Schuhe

Für Sammler mit Interesse an Schuhgeschichte oder der Firma Salamander und ihren Protagonisten, sind besonders alte Reklamen der Schuhmarken Puma und Stephan Schuhe interessant. Sie sind nicht nur indirekte Konkurrenz der Marke Salamander, sondern stehen mit deren Erfinder Rudolph Moos in direktem Zusammenhang. Für Puma sind ein Briefkopf, drei unterschiedliche Reklamen und zwei Reklamemarken bekannt, die als Bebilderung des Artikels eingesetzt wurden. Sie sind mit jeweils etwa 10-15 Euro Sammlerwert zu bewerten.

Denkbar ist auch, dass vereinzelt weitere Sammelobjekte auftauchen, Diese könnten Original-Schuhe, Reklamen und Plakate oder Ausstattungen von Schuhgeschäften sein. Diese wären jeweils einzeln zu bewerten.

Markenrechtliche Verwirrung: Puma Messer

Zu einiger Verwirrung führt die Ähnlichkeit des Puma-Logos aus Nowawes zu einem nahezu identischem Logo, welches von den Puma-Messerwerken der Firma Lauterjung und Sohn in Sohlingen verwendet wurde und in Abwandlung noch heute wird. Beide Logos zeigten einen Puma-Kopf mit der Beschriftung „Puma“ in einem auf einer Ecke stehenden Quadrat. Dabei ähnelt die Version der Handelsmarke des Messerherstellers in der Variante von 1912 verblüffend dem Logo, welches auch die Puma Schuhe seit 1911 in Gebrauch haben. Identisch, wie viele flüchtige Betrachter annehmen, sind sie nicht, aber schon sehr gleich und eine Verwechslungsgefahr ist groß. Tatsächlich sehen die Logos sich so ähnlich, dass eine der Markeneintragungen regelmäßig fälschlich der Schuhfabrik zugeschrieben wird.

Dass über beide Firmen überwiegend nicht zeitgenössische Sekundärquellen zu finden sind, vereinfacht die Suche nach einer Erklärung nicht. Zunächst einmal muss man feststellen, dass die Firma Lauterjung und Sohn in Sohlingen, die auf eine Tradition seit 1769 zurückblickt, den Namen „Puma-Werke“ der Quellenlage zufolge entweder bereits seit 1900 oder ab 1921 verwendet. Dies jedoch wohl vor allem als Fabrikzeichen, mit dem sich die Firma im Geschäftsverkehr kennzeichnete und nicht als Handelsmarke für Marketing und Verkauf von Schneidwaren an Endkunden. Die Verwendung von Marken auf Messern findet man vor dem Ende des zweiten Weltkriegs allgemein selten und so ist es auch bei Puma Messern.

Die Wahl der Marke Puma geschah vor allem, um sich gegen die vom gleichen Familienstamm abgespaltene Firma Lauterjung & Co. abzugrenzen, welche 1898 die Bildmarke Tiger für sich geschützt hatte und mittlerweile unter Lauterjung & Co Tiger-Stahlwarenfabrik  firmierte. Lauterjung & Sohn nutzte die 1912 angemeldete Bildmarke Puma im Geschäftsverkehr womöglich bereits früher, eine Firmierung als Puma-Werk soll jedoch erst ab erst 1921 belegbar sein.

Rudolf Moos meldete seine Marke Puma 1910 beim Patentamt an. Von den Puma-Werken bzw. verbundenen Unternehmen existieren im Online-Markenregister des DPMA keine Bildmarken-Eintragungen, die vor 1912 datieren. Von der Puma-Schuhfabrik liegen dort sogar überhaupt keine digitalisierten Daten vor. Für die Eintragung der Bildmarke DD163269 durch Lauterjung & Sohn ist der Hinweis auf ein Widerspruchverfahren vermerkt, welches aber offenbar erfolglos war, so dass die Marke eingetragen werden konnte. Ohne tiefergehende Recherche der Originalquellen oder das Auffinden weiterer Publikationen der Zeit, wird sich die Frage zumindest hier nicht klären lassen, wer das Logo denn zuerst verwendete.

Hier sind grundsätzlich vier Szenarien denkbar:

  • Es handelt sich um eine zufällige und unbemerkte Ähnlichkeit, die aufgrund der schlechten Vernetzung der Marken- und Patentämter in den 1910er Jahren nicht auffiel blieb. Das Szenario ist zumindest nicht auszuschließen, aber die doch starke Ähnlichkeit macht eine Unkenntnis des älteren Logos bei Kreation des jüngeren Logos doch eher unwahrscheinlich. Auch waren beide Firmen über die Region hinaus bekannt und aktiv.
  • Es lag eine miteinander abgestimmte oder tolerierte Markennutzung beider Firmen vor, die gezielt in unterschiedlichen Warenklassen genutzt wurde. Die Nizza-Klassen wurden erst 1957 eingeführt, doch es ist denkbar, dass die Fabrikanten sich kannten. Beide Seiten hatten Kontakte in die Lederindustrie, die nicht nur Schuhhersteller, sondern auch Schneidwaren-Hersteller belieferte, da diese Etuis und Scheiden für die Klingen fertigten.
  • Es lag womöglich eine unerlaubte oder rechtlich zulässige, aber unerwünschte Markennutzung einer der beiden Firmen vor. Auch ein mit der Logoerstellung beauftragter Werbegrafiker könnte gegen das Markenrecht verstoßen haben, ohne dies der Firma gegenüber offen zu legen. Ein Anzeichen für markenrechtliche Streitigkeiten könnte der Hinweis auf das Widerspruchsverfahren bei Markeneintragung der Puma-Werke von 1912 sein. Es könnte sein, dass Moos seine Marke nicht ausreichend geschützt hatte, so sie denn wirklich als erste eingetragen worden wäre. Mit Eintragung war die Messermarke jedoch in jedem Fall rechtens und zulässig. Wer sie zuerst genutzt hat, lässt sich schlichtweg nicht feststellen.
  • Die Datenlage ist fehlerhaft und die Marken wurden außerhalb des zeitlichen Schutzbereichs der anderen Marke genutzt. Wir schauen heute im Rückblick auf die Markenanmeldungen, soweit diese in der Dokumentation erhalten sind. Die Puma-Schuhe nutzten die Bildmarke von 1911 bis maximal 1939. Alle Markeneintragungen mit der Bildmarke ab 1912, die heute den Puma Messern zugeschrieben sind, sind laut DPMA nach dem Krieg noch einmal bearbeitet worden. Nutzungen der Bildmarke in der Reklame durch die Solinger Fabrik sind für die Vorkriegszeit zumindest via Onlinerecherche nicht eindeutig belegbar. Theoretisch könnte die Messerfabrik die etablierte, aber freigewordene Bildmarke der Schuhfabrik sogar rechtmäßig übernommen haben und durch Verwaltungsvorgänge ist dies heute einfach nicht mehr sichtbar oder bekannt. Für 1920 ist für die Messerwerke ein Logo belegt, in dem ein Puma in Ganzkörperdarstellung auf einem Sockel steht. Auch diese Marke wurde aber später neu bearbeitet.

Alle Szenarien sind spekulativ. Eindeutig klären lässt sich das alles wohl nicht mehr. Die Aktenlage beim Markenregister ist durch viele Dutzende Markeneintragungen, Aktualisierungen, um Jahrzehnte verschobene Veröffentlichungsdaten und sehr knapp gehaltene Informationen leider recht verworren. Die Schuhfabrik gibt es nur noch als Gebäude. Das Archiv der Puma-Werke-Messerfabrik ist 1979 mit dem Großteil aller historischen Aufzeichnungen und Dokumente niedergebrannt. Und Zeitzeugen der 1910er- bis 1930er-Jahre mit aktiven Erinnerungen werden sich kaum noch finden lassen. An der heute rechtmäßigen Verwendung der Wort-Bildmarke durch den Messerhersteller bestehen selbstverständlich keine Zweifel. Es ist aus heutiger Sicht also vor allem ein Kuriosum der Markengeschichte.


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Quellen & weiterführende Literatur

Die Wiedergabe der Geschehnisse und Abfolgen stützt sich im Wesentlichen auf die Memoiren von Rudolf Moos. Hierzu ist jedoch anzumerken, dass diese sehr subjektiv gefärbt sind und man klare Antipathien des Verfassers gegen Jacques Russ und Egon Hirsch verspürt, die auf die Darstellung der Firmengeschichte durchwirken.

  • Rudolf H. Moos: „Journey of Hope and Despair: Volume I. Rise and Fall – Memoirs of Rudolf Moos“, Xlibris Verlag, 2010, S.274-290
  • Walter Rosenthal: „Das Buch der Stadt Nowawes: Herausgegeben vom Magistrat der Stadt Nowawes“ 1930, S. 67
  • Almuth Püschel: „Neuendorf-Nowawes-Babelsberg – Stationen eines Stadtteils“, Geiger-Verlag, Horb am Neckar, 2000, zitiert nach „Schuhfabrik Haase & Russ“ in Potsdam Wiki Website, abgerufen am 03.06.2021
  • „Jacques Russ“ in Potsdam Wiki Website, abgerufen am 03.06.2021
  • Wikipedia-Eintrag zu Rudolf Moos, Deutsche Wikipedia, abgerufen am 02.06.2021
  • Firmeneintragung zur Puma-Schuhfabrik GmbH, Brandenburgisches Landeshauptarchiv, abgerufen am 02.06.2021
  • Thijs Rinsema & Conny Weide: „Joods Monument Meppel: Familie Wolff, Werner Russ“, Website in Niederländischer Sprache, abgerufen am 03.06.2021
  • PUMA GmbH IP Solingen: „Die Puma Chronik“, Puma Knives Website, abgerufen am 03.06.2021
  • Fach-Diskussion „Wer kennt die Firma Pumeto Germany?“ im Messerforum, dort speziell der Beitrag „Puma Fabrikmarke“ des Users „Cut“ vom 28 August 2009, abgerufen am 06.06.2021
  • Markenrecherche „Puma“ beim DMPA, hier speziell die Marken DD163269 (Anmeldetag 19.04.1912), 255862 (Anmeldetag 10.07.1914),
  • 262516 (Anmeldetag 16.01.1920) und 262275 (Anmeldetag 11.10.1920), alle abgerufen am 02.06.2021

Alle verwendeten Abbildungen eines Briefbogenkopfes und diverser Reklamen stammen aus den Jahren 1910 bis 1912 und sind gemeinfrei. Eine Marke „Puma“ wird für die Markenklasse Schuhe im Sportbereich heute von der Puma SE genutzt, die mit Puma aus Nowawes nicht zusammenhängt. Die Marke „Puma“ als Handelsmarke für die Solinger Schneidwarenfabrik der Puma GmbH IP Solingen besteht bis heute fort.


Lange schallt’s im Walde noch:
Salamander lebe hoch!


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