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Salamander „Song von den Boots“ Werbeschallplatte

Wenn man etwas von einem Schuhgeschäft nicht erwartet, dann ist es womöglich ein Beitrag zur Deutschen Musikgeschichte. Trotzdem schien 1973 der Werbejingle des Lurchi-Konzerns auf so viel Gegenliebe zu stoßen, dass man sich dazu entschloss, ihn auf einer Werbeschallplatte herauszubringen. „Song von den Boots“ oder auch „Frei mit Boots“ hieß das Lied, das Paul Nero alias Klaus Doldinger einsang. Der zwischen Pop und Schlager angesiedelte Song bestach vor allem durch eine eingängige Melodie, nicht jedoch durch große Inhalte, und sollte speziell die hippen, neuen Salamander Stiefel, neuerdings „Boots“ genannt, bewerben. Tatsächlich ist der Werbesong bis heute ein Kuriosum, das wenig Bekanntheit erlangt hat.


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Song von den Boots – Salamander Werbejingle

Die einseitig abspielbare Pappfolie mit der Nummer SH-0986-1 aus der Fabrikation Richard Scherpe / Krefeld ist Flexidisk, die beidseitig mit Werbemotiven der Firma Salamander bedruckt ist und mit 45 Umdrehungen pro Minute abgespielt wird. Auf der einen Seite, die beim Abspielen oben liegt, ist das Logo zum Slogan „Frei mit Boots“ im Stil der 70er Jahre aufgedruckt. Darunter sind Mood-Motive und Produktabbildungen in Fotoqualität, die junge Menschen beim Radfahren und in der Natur zeigen, sowie die „Young-Life-Boots“ von Salamander. Bemerkenswert ist, dass die Motive tatsächlich so werblich sind, dass Salamander sogar Preise mit aufgedruckt hat. So gibt es den Popsy Boot in zwei Farben mit echter Crepesohle und weichem Leder für 79,90 DM, Rainer flexibel für 86,90 DM für alle Jeans und alle jungen Hosen. Unten Links ist ein Störer mit dem Logo des Jingles platziert. Darin steht „Salamander hat die Schuhe, die frei machen. Boots. Rustikale. Modische. Muntere. Farbenfrohe.“ sowie „Holt euch den Song von den Boots. Im Salamander Boots-Land. Kostenlos“ und „Eine Echte Schallplatte“.

Die Platte ist mit einer Perforation umrandet, was darauf hindeuten könnte, dass sie einst aus einer größeren Seite herauszutrennen gewesen ist. Zu der Disc gehört ferner auch kein Cover. Man findet sie in handelsüblichen Whitelabel-Papierhüllen. Auf der Rückseite, die drei Popsy Boot Modelle zwischen 76,90 DM und 79,90 DM zeigt und ansonsten mit ähnlichen Motiven von Schuhen und Freizeitaktivitäten identisch aufgebaut ist, fehlt lediglich das dominierende Logo, das hier durch den Titel der Platte „Song von den Boots“ ersetzt ist. Auf dieser Seite ist der Interpret Paul Nero, hinter dem sich Klaus Doldinger verbirgt genannt, sowie der GEMA-Hinweis und die 45UpM Geschwindigkeit angegeben. Die Platte selbst ist undatiert, kann aufgrund späterer Veröffentlichungen des Songs aber auf das Jahr 1973 datiert werden. Das Lied selbst ist ein drei Minuten Langer Jingle, in dem immer wieder gesungen wird: „Schau nie zurück, lauf einfach weg. Mach dich frei, frei mit Boots.“ – Textlich wenig anspruchsvoll und mit erzieherisch fraglicher Aussage sollte er das Lebensgefühl der 70er Jugend, den älteren Geschwistern der Lurchi-Leser treffen; jener Zielgruppe, die das grüne Abenteuerheft gegen das erste Auto getauscht hatte und mit dem eigenen statt Lurchis Freundeskreis unterwegs war. Um möglichst Jugendlich zu wirken, sagte man eben auch nicht mehr „Stiefel“ sondern „Boots“.

Interessant ist die Platte für Vinylliebhaber und Plattensammler mit Vorliebe für Schlager und Werbejingles. Auch unter Salamander-Sammlern kommt der Hit von Paul Nero immer wieder einmal vor. Da die Platte nicht sehr bekannt ist, wird sie wenig gesucht und das Angebot übersteigt die Nachfrage. Die Platte findet man auf dem Sammlermarkt inkl. Versand für Preise zwischen 8 und 25 Euro.

Der Song ist unter dem Titel „Frei mit Boots“ aber auch auf dem Sampler „Popshopping Vol.1“ des Herstellers „Crippled Dick Hot Wax!“ enthalten und dort auf 1973 datiert. Statt Paul Nero ist hier Klaus Doldinger ohne Pseudonym als Interpret genannt. Das Promo-Album von 2000, welches den Track neben zahlreichen anderen Werbesongs enthält, kostet gebraucht rund 20 bis 35 Euro als CD und 35 bis 45 Euro als Doppel-LP. Das mag daran liegen, dass der Sampler nicht für den freien Verkauf gedacht war und somit in womöglich geringer Auflage erschien. Bei diesen Preisen überlegen sich auch Sammler zweimal, ob sie die Objekte wirklich für ihre Sammlung erwerben wollen.

Klaus Doldinger: Vom Tatort zu Salamander

Hinter Paul Nero verbirgt sich der Musiker Klaus Doldinger, der 1936 geboren wurde und seit den 1950er Jahren mit seiner Dixieland-Band The Feetwarmers durchstartete. Später widmete er sich mit dem Klaus Doldinger Quartett dem Modern Jazz. Mit Udo Lindenberg am Schlagzeug spielte er in der Band Passport, die ihnin unterschiedlichen Besetzungen Jahrzehnte lang begleiten sollte. Doldinger, der der Musik nie überdrüssig wird, Aufsichtsratsmitglied der GEMA und bekannter Filmkomponist und Jazzmusiker ist, performte auf insgesamt über 5.000 Konzerten in ganz Europa. Ab 1964 entstanden verschiedene Fernseh- und Werbejingles. Von Doldinger und Passport stammt das Tatort-Thema, das vor und nach jeder Folge des Tatorts läuft. Er zeichnet verantwortlich für die Titelmelodien von Wolfgang Petersens „Das Boot“ (1981), „Liebling Kreuzberg“ mit Manfred Krug, „Ein Fall für Zwei“ und die Filmmusik zu „Die Unendliche Geschichte“, sowie die Fanfare der Constantin AG vor unzähligen Spielfilmen. In den 1970er Jahren war Doldinger unter dem Pseudonym Paul Nero unterwegs, veröffentlichte auch Tanz- und Rockmusik. In der Werbung ist besonders sein Jingle für Pril bekannt. Die Arbeit für Salamander war eine weitere dieser Auftragskompositionen.


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Lyrics: Paul Nero – Song von den Boots

Der Salamander Werbejingle besteht aus nur vier Sätzen, die auf eingängige Art über die Dauer des dreiminütigen Songs immer wiederholt werden. Die ersten 33 Sekunden sind ein instrumentales Intro, nach dem ersten Refrain gibt es ein instrumentales Zwischenspiel und der letzte Refrain klingt im Fade-Out aus. Der Text lautet:

2 x
Schau nie zurück [Schau nie zurück]
[Lauf einfach weg] Lauf einfach weg!
[Mach dich frei!] Mach dich frei!
Frei mit Boots [Frei mit Boots]

1x
[Frei mit Boots, frei mit Boots, frei mit Boots]
Frei mit Boots, frei mit Boots, frei mit Boots!

4x
Schau nie zurück [Schau nie zurück]
[Lauf einfach weg] Lauf einfach weg!
[Mach dich frei!] Mach dich frei!
Frei mit Boots [Frei mit Boots]

6x
[Frei mit Boots, frei mit Boots, frei mit Boots]

Über Werbeschallplatten

Werbeschallplatten waren besonders in den 1950er und 1960er Jahren populär, als Schallplatten noch ein wichtiges Medium für die Musikwiedergabe waren und die Radio- und Fernsehwerbung noch nicht so verbreitet war. In dieser Zeit produzierten viele Unternehmen spezielle Schallplatten mit Werbebotschaften und brachten sie in Geschäften und anderen öffentlichen Einrichtungen aus, um die Aufmerksamkeit der Verbraucher auf sich zu ziehen. Werbeschallplatten wurden auch häufig als Geschenke an Kunden und Geschäftspartner verteilt, um das Unternehmen zu präsentieren und die Markenbekanntheit zu erhöhen. In manchen Fällen enthielten sie auch Musik, die von bekannten Künstlern aufgenommen wurde und die als Anreiz diente, die Schallplatte zu erwerben. Mit der Einführung von CD und MP3 hat sich die Verwendung von Schallplatten als Werbemedium jedoch stark verringert. Heutzutage werden Werbeschallplatten nur noch selten produziert und sind vor allem für Sammler von Interesse. Sie können jedoch immer noch in Secondhand-Läden oder auf Online-Marktplätzen gefunden werden.

Quellen und weiterführende Literatur

  • Eigene Sammlung und Recherchen
  • „Song von den Boots“ Schallplatte
  • „Klaus Doldinger: The First 50 Years of Passport“ auf der Website des Künstlers, abgerufen am 18.11.2021
  • „Paul Nero ‎– Song Von Den Boots“ auf der Website von discogs.com, abgerufen am 18.11.2021
  • „Paul Nero ‎– Song Von Den Boots“ auf der Website des Regensburger Archivs für Werbeforschung, abgerufen am 18.11.2021

Lange schallt’s im Walde noch:
Salamander lebe hoch!


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© Alle Abbildungen sind, soweit nicht anders gekennzeichnet, eigene Fotografien. Das Urheberrecht an der Gestaltung der abgebildeten Objekte liegt bei ihren jeweiligen Illustratoren und Produktgestaltern, die nach Möglichkeit und bester Kenntnis genannt werden. „Salamander“ und „Lurchi“ sind lange eingetragene Warenzeichen der Salamander AG und Salamander GmbH gewesen. Das Copyright der Illustrationen liegt bei Salamander, bzw. hinsichtlich der Lurchi-Bücher beim Esslinger Verlag. Lurchi ist seit 2023 eine Marke von Supremo. 

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