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Satirisches Lurchi-Lexikon im Titanic Magazin

Welch grundlegende kulturelle Bedeutung Lurchi hat, zeigte sich 1989, als das Satiremagazin Titanic den Salamander aus Kornwestheim und seine Freunde in Heft 10/1989 mit dem Artikel „The Life and Times of Lurchi“ und dem „Lurchi-Lexikon“ von Matthias Brendel auf die Schippe nahm. Anlässlich des Erscheinens der 100. Folge von „Lurchis Abenteuer“ veröffentlichte das Blatt ein humoristisches Lurchi-Lexikon mit vorangestellter Abhandlung der Entwicklungsphasen des Lurchi-Comics. Wie für die Schreibweise des Titanic-Magazins üblich, ist der Ton dabei teilweise sehr rau und im Segment der Insult-Comedy angesiedelt mit Verunglimpfungen und Beleidigungen, überwiegend aber gemäßigt und bissig-intelligent, da er einiges an Vorwissen über das Lurchiversum voraussetzt und nur für wirkliche Kenner zugänglich ist. Die beiden Texte sind derart populärwissenschaftlich aufgemacht, dass sie es 1994 in einen offiziellen Ausstellungskatalog über Lurchi schafften und seither auch von der Lurchi-Forschung zitiert werden.


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Das Lurchi-Lexikon nimmt direkten Bezug auf das große Salamander-Jubiläum und stellt sogleich die These auf, jeder habe Lurchi aus den Augen verloren aufgrund der Erkenntnis, dass andere Schuhe wie Boots oder Turnschuhe besser als die Angebote von Salamander seien, die wie „aus der letzten großen Polensammlung“ aussehen würden. Lurchis Zustand sei traurig und daher haben die „Wissenschuftler“ von Titanic sich dem Fall angenommen.

Im ersten Abschnitt „The Life and Times of Lurchi“ unterteilt das Magazin Lurchis zeichnerische Phasen in vier Hauptströmungen: Die „Hau-Drauf-Phase“ unter Heinz Schubel sei kennzeichnend für einen Lurchi, der rüpelhaft pöbelt und prügelt, die Wohnung klein schlägt und Tiger tötet. Immerhon als goldenes Zeitalter wird auch hier die Ära unter Schubel genannt, in der Lurchi noch alles tun und lassen darf, was ihm gefällt. Auf Schubel folgte Brigitte Smith, deren Name 1989 noch nicht öffentlich bekannt geworden war, mit der „LSD-Phase„. Psychodelische Linienführungen im Stil des Beatles-Films Yellow Submarine. Für den Autoren der Abhandlung ist dies eine schwere Drogenphase, von der Lurchi und seine Kameraden sich nie wieder erholt haben. Als „Phase der allgemeinen Degeneration“ wird die Zeit nach Smith rund um Enrique Puelma bezeichnet, dessen Vorname 1989 ebenfalls nicht bekannt war. Auch die Urheberschaft Friedrich Nickels für mehrere Hefte war noch nicht entschlüsselt.

Die große Fehlbesetzung sieht Titanic aber zunächst im neuen Texter, dem Wirtschaftsjournalisten Albert Drexler. Mit Georg Nickel, den man als „absolut unfähig“ und „erbärmlich“ verunglimpft. In der letzten Phase, der „infantilen Phase“ übernahmen Olav Sveistrup als Texter und piiit Krisp als Zeichner nach. Ersterer soll jedoch in seiner Dichtleistung stark geschwankt haben und Letzterer trotz „modern-naivem Werbegrafiker-Stil“ immerhin „wieder für eine ästhetisch annehmbare Lurchi-Darstellung“ gesorgt haben.

Der zweite Abschnitt „Lurchi-Lexikon von A bis Z„. Schön die Feststellungen zum Stichwort „Bremsen“: „Der Lurchi bremst eigentlich nie“ und treffend unter „Gelage“, dass Lurchi unter Schubel viel zu oft zur Feier des Tages Alkohol trinkt. Maulwürfe und Hamster werden ebenso vorgestellt wie Lurchis Freunde. Auch Richard Pfitzer als langjähriger Werbeleiter kommt im Lexikon vor. Legendär ist allerdings das Lemma „Porno 1“, in dem sich titanic über die Zeichnungen des Heftes 56 auslässt, die von einem unbekannten Zeichner stammen. Dieser zeichnete Lurchis Freundeskreis oft von hinten und mit vollen Hinterteilen. Oder wie man bei Titanic urteilte: „ein kaum gezügelter Sexist, versteift sich vornehmlich auf die Darstellung verschiedener Analverkehrspositionen“.

Einordnung in die Lurchi-Forschung

Zweitveröffentlichung 1994

Mit Zitaten referenziert der Autor immer wieder auch auf Verse aus den Lurchi-Heften und gibt dafür die Sammelbände mit Fundstelle an. Treffend gibt es korrekte Vergleiche mit anderen Zeichnern oder Analysen der verwendeten Reimschemata und deren möglicher Wirkung. Was dies angeht, geht die Satire über den Humor hinaus in eine echte Sachanalyse. Das beindruckte offenbar auch die Autoren des Ausstellungskataloges „Lurchi – dem Feuersalamander auf der Spur“. Dort wurden die beiden Texte von Matthias Brendel 1994 noch einmal mit einer entschärften Version des einleitenden Schmähtextes abgedruckt. Obschon der Beitrag ursprünglich wohl als satirischer Seitenhieb gedacht war, fand er in der Lurchi-Forschung immer wieder Beachtung (so z.B. bei Lehnert/Puschmann 2017, dort aber offenbar nur in Kenntnis des Zweitdrucks von 1994), auch gerade weil er Zustände erstmals satirisch überspitzte.

Sammlerwert des Heftes

Lurchis Lexikon erschien im Titanic Heft Nr. 10/1989 und ist als Fundstelle für den Lurchi-Text heute nicht mehr sehr bekannt, was insbesondere dem Nachdruck fünf Jahre Später im Ausstellungskatalog zu verdanken ist. Der Neupreis des Heftes lag bei 5 DM, heute findet man es auf dem Sammlermarkt für etwa 7 bis 15 Euro. Der Artikel als Zeitungsausschnitt ohne Heft kann unter Sammlern 5 bis 10 Euro bringen.


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Quellen und weiterführende Literatur

  • Eigene Sammlung und Recherchen
  • Matthias Brendel: „Das Lurchi-Lexikon“ und „The Life and Times of Lurchi“, Titanic Magazin 10/1989, S. 71-74
  • Matthias Brendel: „Das Lurchi-Lexikon“ und „The Life and Times of Lurchi“, in Jens Kräubig (Hrsg): „Lurchi – dem Feuersalamander auf der Spur“ (1994), Galerie der Stadt Kornwestheim, S. 114-119
  • Nils Lehnert und Sven Puschmann: „Lurchi“, Wissenschaftliches Portal für Kinder und Jugendmedien, Erstveröffentlichung: 15.08.2017, abgerufen am 12.01.2022

Lange schallt’s im Walde noch:
Salamander lebe hoch!


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