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Liese und Miese Plakate

Propagandafiguren wurden von den Nationalsozialisten auf allen Gebieten eingesetzt. Genau wie der Kohlenklau, der Schattenmann oder das Frostmonster sah man im Dritten Reich an den Häuserwänden, in den Schulklassen, Geschäften und an den Litfasssäulen immer wieder auch Plakate mit „Miese und Liese“. Die Ende 1943 ins leben gerufene und sehr kurzlebige Propaganda-Reihe zeigte mit Karikaturen von Hans Zoozmann die vorbildliche und korrekte Liese und die sich ständig falsch verhaltende und naive Miese. Auch wenn von den Plakaten oft nur Schwarzweiß-Fotografien erhalten sind, waren sie keinesfalls grau in grau, sondern farbig kolorierte Hingucker, die mit Humor und Witz versuchten, die Botschaften des Propaganda-Ministeriums zu platzieren.


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Die Plakate basierten, wie auch schon die Postkartenserie auf den Karikatur-Motiven, welche Zoozmann für den Abdruck in den Zeitungen geschaffen hatte. Für die Plakate wurden sie in größerem Maßstab neu gezeichnet. Dabei wurden die Szenen sehr originalgetreu übernommen, aber mit mehr Details versehen und farbig koloriert. Die Liese trug in der Regel blau, die Miese rot. Liese war blond mit roten Wangen und Miese hatte graugrüne Haut.

Miese und Liese: Da lob ich mir die Liese!

Ein verbreitetes Plakat, das am deutlichsten im Magazin „Der Adler“ aus dem März 1944 abgebildet wurde (nebenstehende Abbildung digital nachkoloriert nach einem Farbfoto eines Plakatteils), griff das Motiv von Liese und Miese nebeneinanderstehend auf, welches auch Anfang Februar des gleichen Jahres in den Zeitungen gedruckt wurde. Während es im Original bei der Karikatur noch hieß:

Die Liese ist kein Sonderfall,
auch Miese trifft man überall,
mal jene und mal diese.
Und wenn man beide recht vergleicht,
dann fällt die Wahl wahrhaftig leicht:
Da lob ich mir die Liese!

wurde der Text auf diesen Plakaten sichtlich erweitert, um die beiden Figuren zunächst einmal besser vorzustellen, damit auch Betrachtende, die sie noch nicht kannten, die Plakate verstehen konnten. Sowohl die Liese als auch die Miese wurden jeweils mit einem Vierzeiler vorgestellt und letztlich war das Fazit „Da lob ich mir die Liese!“ aber gleich.

Liese und Miese im Luftschutzkeller

Die dem Plakat zugrunde liegende Karikatur (H. Zoozmann, 1944)

Ein zweites Plakat hat Thomas Keplinger bei Recherchen für seinen sehr empfehlenswerten Blogartikel zu „Liese und Miese“ an einer Wiener Kellertür entdeckt. Die Szene entspricht grundsätzlich der Karikatur, welche Ende Februar 1944 in den Zeitungen gedruckt wurde und geht auch testlich nicht über den bekannten Reim hinaus:

Wenn alle glücklich sich geeinigt,
wer nun den Luftschutzkeller reinigt,
dann hat die Miese niemals Zeit!
Doch muß sie nachts mal in den Keller,
dann schnurrt ihr Mundwerk wie’n Propeller
ob mangelhafter Sauberkeit!

Das Plakat wurde von Keplinger 2019 an einer Wiener Kellertür entdeckt und war aufgrund der Witterung bereits in einem sehr schlechten Zustand, so dass nur Fragmente erhalten geblieben sind (Siehe Keplinger). Aus den erhaltenen Elementen kann aber nicht nur das bekannte Motiv rekonstruiert, sondern auch die Information gewonnen werden, dass Zoozmann die Szene für das Plakat noch einmal größer gezeichnet und mit mehr Details wie Schattierungen an der Wand und Riemen an Lieses Schuhen versehen hat. Auch ist das Bild koloriert gewesen.

Der Fundort war nicht zufällig, denn das Plakat hing vermutlich ab 1944 an der Tür eines Luftschutzkellers. Es wurde zu einer Zeit aufgehängt, in der die Alliierten regelmäßig Angriffe auf Deutschland und Österreich flogen. Die Gemeinschaftliche Pflege dieser Räume und der respektvolle Umgang miteinander und die Erfüllung der bürgerlichen, gesellschaftlichen und nachbarschaftlichen Pflichten waren daher besonders wichtig, da im Luftschutzkeller, wenn die Bomben kamen, alle Menschen gleich waren.

„Liese und Miese“ gab es 1944 nicht nur als Plakate und gezeichnete Figuren, sondern auch als Propaganda-Kurzfilme, die im Rahmen der Wochenschau gezeigt wurden. Da das Publikum aber stark mit der naiven und fehlerhaften Miese, gespielt von Brigitte Mira, sympathisierte und keine emotionale Bindung zu der linientreuen Liese aufbaute und die filmischen Sketche zwar gewollt, aber dennoch teils sehr harsch gegen das Regime schlugen, schlug das Propagandaministerium Alarm. Joseph Goebbels stoppte im März 1944 die Fortführung der Reihe. Die Plakate aber blieben noch mindestens bis Kriegsende hängen und teilweise auch länger, wie der spektakuläre Fund von Thomas Keplinger zeigt.

Hans Zoozmann

Hans Zoozmann

Hans Zoozmann (eigentlich Johannes Zoozmann) war ein deutscher Grafiker, Trickfilmzeichner, Karikaturist und Illustrator aus Berlin, der im Dritten Reich für das  Propagandaministerium arbeitete. Zoozmann ist Schöpfer der Zeichnungen um die Figuren "L...

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Quellen und weiterführende Literatur

  • „Bist Du’s oder bist du’s nicht? Kleine Propagandafiguren mit großen Kriegsaufgaben“, in „Der Adler. Luftwaffe Magazin“ Heft 05/44 vom 07.03.1944 mit Abbildung eines Fotos des Plakats
  • Fotogalerie des Ratsarchivs Görlitz, Mitteldeutsche Archive mit Hinweisen zur originalen Farbgebung
  • Thomas Keplinger: „1943/1944 – Die Liese und die Miese“, Online-Artikel auf dem Blog „Worte im Dunkel“, veröffentlicht am 14.12.2019 (Stand 26.01.2021), abgerufen am 09.01.2022
  • „Liese und Miese sind überall“ (Folge 7), u.a. erschienen in „Völkischer Beobachter“ vom 02.02.1944, S.6; „Kleine Volks-Zeitung“ vom 03.02.1944, S.5; „(Österreichische) Volks-Zeitung“ vom 03.02.1944, S.3; „Das Kleine Blatt“ vom 04.02.1944, S.5; „Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe)“ vom 04.02.1944, S.3; „Oberdonau-Zeitung“ vom 04.02.1944, S.3; „Bregenzer/Vorarlberger Tagblatt“ vom 05.02.1944, S.4; „Das kleine Volksblatt“ vom 05.02.1944, S.4; „Illustrierte Kronen Zeitung“ vom 05.02.1944, S.4; „Znaimer Tagblatt“ vom 05.02.1944, S.5; „Oberwarther Sonntags-Zeitung“ vom 06.02.1944, S.3; „Badener Zeitung“ vom 09.02.1944, S.3;
  • „Miese reinigt nicht den Luftschutzkeller“ (Folge 10), erschienen u.a. in „Kleine Volks-Zeitung“ vom 22.02.1944, S.4; „Oberdonau-Zeitung“ vom 24.02.1944, S.5; „Völkischer Beobachter“ vom 24.02.1944, S.5; „Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe)“ vom 25.02.1944, S.4; „Das kleine Volksblatt“ vom 26.02.1944, S.4; „Illustrierte Kronen Zeitung“ vom 26.02.1944, S.4; „Oberwarther Sonntags-Zeitung“ vom 27.02.1944, S.5;

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