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Friedrich Johann Nickel

Der Porträtmaler, Textildesigner und Illustrator Friedrich Johann Nickel war 1976 Zeichner der Lurchi-Comichefte für Kinder der Schuhmarke Salamander und über lange Jahre der einzige lizensierte Zeichner, der den Hörzu-Igel Mecki für Textilprodukte zeichnen durfte. Die Lurchi-Hefte zeichnete er stellvertretend für seinen Sohn Georg Nickel, ebenfalls Illustrator und Grafiker, der sich die Aufgabe selbst noch nicht zutraute. Albert Drexler, verantwortlich für die Hefte bei Salamander, war über dessen Arbeit für die Schwäbische Zeitung auf Sohn Georg aufmerksam geworden. Friedrich Nickel übertraf mit seinen drei Heften qualitativ die Arbeit seines Sohnes um Längen und schaffte es vor allem, eine Konsistenz mit dem Stil Heinz Schubels zu wahren.


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Jugend in Reichenberg

Als Sohn eines Zimmerers und Fassbinders wurde Friedrich Johann Nickel wurde am 21. Februar 1910 in Dornbirn in Österreich geboren. Nickels Familie zog schon früh nach Reichenberg (heute Liberec in Tschechien), das nach Ende des ersten Weltkrieges im November 1918 für einige Wochen Hauptstadt der deutsch-österreichischen Provinz Deutschböhmen gewesen war. Mit dem Vertrag von Saint-Germain und dem Zerfall der KuK Monarchie Österreich-Ungarn, fiel Reichenberg der neu entstandenen Tschechoslowakei zu. Die Industrie der Stadt, die schon im Krieg gelitten hatte, verlor ihre Märkte in Österreich, Ungarn und Jugoslawien. Der Anteil der Deutschen betrug noch während der Volkszählung 1930 rund 82 Prozent aller Einwohner.

Friedrich Nickel wuchs in Reichenberg auf und absolvierte dort seinen Anschluss an der Kunstakademie und trat nebenbei als Ringer in Erscheinung. Eine erblich bedingte Sehmuskelschwäche, die er später auch an seinen Sohn weitervererbte, führte zu einer zunehmend starken Einschränkung der Sehkraft auf einem Auge bis hin zu deren Verlust. Dennoch fand er als Zeichner nach dem Studium schnell Anstellung. In der Textilfabrik von Gablonz arbeitete er bis zum Einmarsch der Wehrmacht ins Sudetenland. Nickel wurde eingezogen, kam als Melder nach Russland und erhielt unter anderem auch Gelegenheit, sein Zeichentalent einzusetzen. Erfrierungen an den Zehen sollten ihn ein Leben lang an den Russlandfeldzug erinnern.

Zeichner von Mecki und Lurchi

Zum Ende des zweiten Weltkrieges gelangte Nickel in Südfrankreich in französische Kriegsgefangenschaft. Er wurde nach Ägypten deportiert, wo er sich mit Porträtzeichnungen gegen Zigaretten, die während und nach dem Krieg begehrte Tauschware waren, über Wasser hielt. Erst 1947 kehrte Nickel nach Deutschland zurück, ließ sich in Marktoberdorf im Ostallgäu nieder. Als Chefzeichner und später als Abteilungsleiter der Textilfabrik Paul R. Walter war er der einzige Zeichner mit der Erlaubnis, den Werbe-Igel Mecki der HÖRZU für Textilprodukte zu zeichnen.

Sohn Georg Nickel

Am 25. Juni 1950 wurde Nickels Sohn Georg geboren, der nach der Schule zunächst eine Schriftsetzerlehre begann und dann in die Fußstapfen des Vaters stieg, und Gebrauchsgrafik an der Augsburger Fachhochschule für Gestaltung studierte. Nickel dürfte es mit Stolz erfüllt haben, wie sein Sohn im Atelier und Büro des Gestalters und Designers Otl Aicher in Rotis Anstellung fand, der bis heute einer der einflussreichsten Deutschen Grafiker ist. Friedrich Nickel selbst blieb bis zu seiner Rente der Textilfabrik Paul R. Walter treu. 1972 verabschiedete sich auch der Lurchi-Zeichner Heinz Schubel nach 20 Jahren in den Ruhestand. Es folgten einige Zeichnerwechsel. Als Salamander-Projektleiter Albert Drexler, verantwortlich für die Lurchi-Hefte zu Nickels Sohn Georg Kontakt aufnahm, arbeitete dieser gerade als Grafiker und Karrikaturist für die Schwäbische Zeitung.

Georg Nickel, gerade 26 Jahre alt, traute sich die Zeichnung der Lurchi-Hefte zunächst nicht selbst zu und gab den Auftrag an seinen Vater weiter, der mit 66 Jahren bereits im Ruhestand war. Erst 35 Jahre später sollte dies durch ein Interview des Mecki-Fanclubs mit Georg Nickel bekannt werden (Vgl. Stachelkopf 2011). Zuvor wurden seine Hefte Enrique Puelma zugeschrieben (Vgl. Doblies 2013). Georg Nickel zeichnete die Hefte 61 bis 63 und orientierte sich dabei am Stil Heinz Schubels, der bei den Lesern besonders gut ankam. Ab Januar 1977 erschienen dann die ersten Hefte von Sohn Georg, der Zeit seiner Beauftragung durch Salamander aber der Aufgabe nur mäßig gewachsen war und seine guten Ideen für Lurchis Abenteuer nicht mit gleichbleibender zeichnerischer Qualität begleiten konnte. Friedrich Nickel verstarb am 10. Februar 1985 und erlebte nicht mehr, wie sein Sohn 1988 die Lurchi-Reihe, die er seit 1979 im Wechsel mit piiit Krisp gezeichnet hatte, wieder abgeben musste.

Lurchi bei Friedrich Nickel

Friedrich Nickel zeichnete Lurchi nur für die Dauer von drei Heften und hatte daher keine Möglichkeit, die Figuren großartig zu prägen. Nach den zeichnerischen Ausflügen seiner Vorgänger Brigitte Smith, dem unbekannten Heft 56-Zeichner und Enrique Puelma, kehrte Nickel wieder zu einem klassischen Lurchi-Stil im Sinne von Heinz Schubel zurück. Anlehnungen an Puelma sind jedoch derart stark vorhanden, dass die Zuschreibung zu Friedrich Johann Nickel lange Zeit unbekannt war. Als eigenständiger Künstler etablierte er sich vor allem ab Heft 62 mit einer nahezu cineastisch anmutenden Zeitreise und vielen neuen Zeichnungs- und Kolorierungs-Ideen (Vgl. Doblies 2013).

Bei Nickel begegnet Lurchi vor allem anderen Tieren: Er hilft einem Zirkus aus und baut eine Arche für Tiere. „Seine Zeichnungen und Texte sind liebevoll gestaltet. Die farbliche Darstellung ist harmonisch. Seine Bilder wirken dreidimensionaler und lebendiger als die Zeichnungen von Puelma und entsprechen der kindlichen Vorstellungswelt.“ (Fleischer 2011). Doch auch Menschen kommen bei Nickel vor, die er sehr realistisch ausarbeitet. Nickel zeichnete nach Angaben seines Sohnes sehr perfektionistisch mit Blei-, Rötel-, und Silberstift sowie Aquarellfarben. Der Sohn, der die Reihe anschließend übernehmen sollte, fühlte sich dem Vater stets handwerklich unterlegen (Vgl. Nickel 2011).

Die Zuschreibung der Texte der Lurchi-Hefte 61 bis 63 war lange nicht eindeutig. So werden Nickel (Vgl. Fleischer 2011) und Drexler (Vgl. Doblies 2013) einzeln oder gleichrangig genannt, wobei Drexler als Texter für Heft 61 und Nickel für die Hefte 62 und 63 genannt wird. Laut seinem Sohn Georg Nickel stammen alle drei Texte jedoch von Drexler (Vgl. Nickel 2011). Auch entgegnete er Einwänden Fleischers, dass Mäusepiep in Heft 61 sehr ähnlich zu einer Zeichnung Puelmas in Heft 59 sei: „Die Folge 61 ‚Zirkus in Not‘ ist garantiert von meinem Vater – sonst hätte ich das Heft nicht. Ich vermute, daß er auch Figuren aus vorhergehenden Folgen genau nachzeichnen konnte. Man beachte jedoch auch die unterschiedliche Bekleidung der Maus. Und seinen Lurchi erkenne ich auch an den starken Schultern.“ (zitiert nach Fleischer 2013 aus einem Mailverkehr von 2010).

Friedrich Nickels Lurchi-Hefte

  • Lurchis Abenteuer – Heft 61 (1976): Zirkus in Not
  • Lurchis Abenteuer – Heft 62 (1976): Lurchi in der Urzeit
  • Lurchis Abenteuer – Heft 63 (1976): Rettung der Tiere (Alternativ-Titel: Lurchi baut eine Arche)

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Quellen und weiterführende Literatur

  • Eigene Sammlung und Recherchen
  • Georg Nickel: „Mecki auf Stoff: Friedrich Johann Nickel“ in „Stachelkopf – Zeitschrift des Mecki-Fanklubs Band 20“ (2011), S. 14-15
  • Dietwald Doblies: „Friedrich Nickel – Die Nachfolgezeichner 3 (1976)“, Website des Zeichners (ca. 02/2013), abgerufen am 09.01.2022
  • Werner Fleischer: “Die Lurchi-Chronik Teil 4: Die beiden Nickels” in “Die Sprechblase” Nummer 222 (September 2011), S.68-70
  • Werner Fleischer: „Friedrich Johann Nickel“, Forenbeitrag im Sammlerforen.net vom 23.02. und 24.02.2013, abgerufen am 10.01.2022

Lange schallt’s im Walde noch:
Salamander lebe hoch!


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