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Salamander in Volksglaube und Mythologie

„Es ist offenbar, dass das, was wir Elemente nennen, seinen eigenen wilden wütenden Gang zu nehmen immerhin den Trieb hat,“ schrieb Goethe 1825. Die Elemente sind unberechenbar und schwer zu kontrollieren. Seinen Dr. Faust lässt er es dennoch probieren und dabei neben Sylphe, Undine und Gnom auch den Salamander anrufen – jenen Elementargeist, der für das Feuer steht. Dass ausgerechnet der Salamander diese Stellung in Okkultismus und Mythologie einnimmt, hat er dem berühmten Arzt und Alchemisten Paracelsus sowie einem alten Volksglauben zu verdanken, demzufolge er im Feuer lebt und man dieses durch Hineinwerfen von Salamandern sogar löschen könne.


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Nach einem Spaziergang kommt Faust mit einem ihm unterwegs zugelaufenen, schwarzen Pudel zurück in sein Studierzimmer. So beginnt eine der unheilhaftesten Begegnungen der deutschen Literaturgeschichte. Er beginnt sehnend nach Erkenntnis den Originaltext der Johannesoffenbarung zu übersetzen und sinniert, ob am Anfang nun Wort, Sinn, Kraft oder Tat standen. Der Pudel aber beginnt zu kläffen und sich zu verwandeln, gleich einem Nilpferd schon, als Faust sich gewahr wird, dass er sich etwas ungewolltes ins Haus geholt hat. „Wie im Eisen der Fuchs, zagt ein alter Höllenluchs,“ rufen die Geister im Gange. Faust beginnt seine Anrufung und Bannung der Elementargeister für Feuer, Wind, Wasser und Erde:

„Salamander soll glühen!“

Salamander Lurchi als Mephisto

„Erst zu begegnen dem Thiere,
Brauch’ ich den Spruch der Viere:
Salamander soll glühen,
Undene sich winden,
Silphe verschwinden,
Kobold sich mühen.

Wer sie nicht kennte
Die Elemente,
Ihre Kraft
Und Eigenschaft,
Wäre kein Meister
Ueber die Geister.

Verschwind’ in Flammen
Salamander!
Rauschend fließe zusammen
Undene!
Leucht’ in Meteoren-Schöne
Silphe!
Bring’ häusliche Hülfe
Incubus! incubus!
Tritt hervor und mache den Schluß.“

Briefmarke: Mephisto als Salamander (1999)

In dem Tier aber steckt keines der vier Elementarwesen und somit zeigt es sich unbeeindruckt von dem okkulten Budenzauber. In der Kleidung eines fahrenden Scholasten tritt Mephisto verwandelt auf Faust zu. Die Redewendung „Das also war des Pudels Kern“ hat hier ihren Ursprung und Mephistopheles nennt nicht nur seinen vollen Namen sondern auch seine Rollen als „Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft“ sowie als „Geist, der stets verneint“. Als Teufel und „Höllenluchs“ ist Mephisto zwar kein Elementar, doch in der Vorstellung vieler Menschen sind Feuer und Hölle unmittelbar miteinander verbunden. Womöglich deshalb widmete Guyana Mephisto im Jahr 1999 eine Briefmarke (Michel GY BL614) anlässlich des 250ten Geburtstags Johann Wolfgang von Goethes, die ihn mit einem Salamander auf dem Kopf und in einer Feuerwand darstellt. Entworfen wurde das Motiv der 78 x 108mm großen Marke von dem Designer Joel Iskowitz. Künstlerisch interessant ist vor allem die fließende Darstellung, bei der Mephisto und Salamander in einander und in die Flammen übergehen. Der Nennwert von 300 Gyuana-Dollar entspricht etwa 1,33 Euro. Auf dem Sammlermarkt erzielt die Marke, die in Katalogen mit 5 Euro gelistet ist, etwa 10 Euro. Dies liegt daran, dass die südamerikanische Briefmarke bei uns eher selten zu finden ist.


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Salamander ins Feuer!

Frühe Salamander-Abbildung im Wiener Dioskurides (512 n. Chr.)

Die Verbindung des Salamanders mit dem Element des Feuers findet sich am unmittelbarsten im Begriff des Feuersalamanders. Während wir heute wohl eher die Werbeikone Lurchi mit dieser Tierart verbinden und denken könnte, die gelben Flecken hätten vielleicht mit dem Namen zu tun, hat es historisch eine ganz andere Bewandtnis. Im Aberglauben ging man lange davon aus, dass die Hautsekrete des Salamanders nicht nur todbringend giftig sondern auch in der Lage seien, Brände zu löschen. Seinen Ursprung hatte der Irrglaube womöglich darin, dass Salamander sich gerne im Unterholz verstecken und dort Zuflucht suchen. Mit dem Brennholz eingesammelt, landete so manch Mittelalter-Lurchi in den Feuerstellen des Hauses und sprang dann aus den Flammen heraus. Schon im diesbezüglich oft zitierten Wiener Dioskurides aus dem frühen 6. Jahrhundert (512 n. Chr.) ist die vermeintliche Unzerstörbarkeit durch Feuer dokumentiert. Viele Salamander landeten daraufhin ebenso vorsätzlich wie untauglich zur Brandbekämpfung in den Flammen.

Doch der Aberglaube war bereits viel älter. Bereits in der „Naturalis historia“ von Plinius’ dem Älteren aus dem Jahr 77 oder 79 n. Chr. heißt es, der Salamander sei „so kalt, dass durch seine Berührung das Feuer, ebenso wie vom Eise auslöscht.“ Plinius selbst schien daran zu zweifeln, denn später schrieb er: „Wenn die Angabe der Magier, dass der Salamander das einzige Thier sei, welches das Feuer auslösche und daher bei Feuersbrünsten gute Dienste leiste, wahr wäre, so würde man längst in Rom die Erfahrung gemacht haben.“ Der Mythos hielt sich dennoch hartnäckig durch die Jahrhunderte. „Siehe der Salamander geht durch die Flammen hindurch. Unverletzt bleibt immer auch die Reinheit,“ schrieb Joachim Camerarius noch 1590. Tatsächlich kannte man längst auch die regenerativen Fähigkeiten von Salamandern, verlorene Gliedmaßen wieder nachwachsen zu lassen.

Die Vorstellung des Salamanders blieb lange mythenverhangen und auch seine Darstellung in der Kunst hatte wenig mit dem realistischen Bild eines Salamanders zu tun. In Buchillustrationen und auf Wappen wurde er wurm- oder reptilienartig dargestellt, lebte im Feuer oder konnte sogar selbst Feuer speien – ganz so, wie man sich in modernen Zeiten einen Drachen vorstellt.

Salamander im Kontext der Wappenkunde

Salamander im Kontext der Wappenkunde

Der Salamander, bekannt als Lurch aus dem Logo des bekannten deutschen Schuhherstellers , ist in seiner mystischen Form als eines der vier legendären Elementarwesen auch in der Heraldik vertreten. In der Antike glaubte man, dass das Tier im Feuer leben ...

Auch in der Elementargeisterlehre der Naturphilosophie kommen Salamander vor. Und was läge näher als sie mit dem Element des Feuers zu verbinden? Die Idee der Elementale geht dabei bereits auf den spätantiken Neuplatonismus um Iamblichos von Chalkis und um Proklos zurück, die neben die Stoffdämonen, die in Flora und Fauna zu finden sind, auch Elementardämonen der vier Elemente platzieren. Neben nur wenig erfolgreichen Versuchen, die Elementenlehre auch mit der christlichen Dämonologie zu verbinden, war es insbesondere der Naturphilosoph Paracelsus, der den Begriff „Elementargeister“ prägte. Mit seinem Buch „Liber de nymphis, sylphis, pygmaeis et salamandris, et de caeteris spiritibus“ von 1566 legte er eine selbst erdachte Systematik vor.

Theophrastus Bombast von Hohenheim, weithin besser bekannt als Paracelsus,  schrieb jedem Element ein Geistwesen zu, das jeweils einen „allgemein bekannten“, einen „wahren“ und einen „missgestalteten“ Namen erhielt. Dabei mischte er klassische Bezeichnungen für Volksgruppen, Tiere, Götter und Wesen der Mythologie:

Element Populärer Name Wahrer Name Monstra
Erde Pygmäen Gnome Zwerge
Feuer Salamander Vulcani Irrlichter
Luft Sylphen Sylvesteres Riesen
Wasser Nymphen Undinen Sirenen, Meermönche

Paracelsus, Kupferstich von Augustin Hirschvogel, 1540

Da Paracelsus bewusste Umwidmungen von Begriffen und Neologismen verwendete, ist es genaugenommen irrend, anzunehmen dass er die Amphibie Salamander zum Elementargeist erheben wollte, auch wenn bis in die Neuzeit hinein eine Gleichsetzung in Literatur und Kunst immer wieder vorkommt. Vielmehr bediente er sich deren Namen, der bereits mit dem Feuer verbunden war. Tatsächlich sah er die Elementare den Menschen sehr ähnlich beschaffen mit körperlichem und astralem Leib – jedoch als Grenzgänger zwischen der Menschenwelt und ihrem jeweiligen Element, in dem sie leben. Als alternativen Begriff für „Element“ verwendete Paracelsus auch das Wort „Chaos“, was gut zu dem triebhaften und wütenden Gang passt, den auch Goethe in den Elementen sah. Zugleich ging er aber davon aus, dass sie in einer geordneten, menschenähnlichen Gesellschaft lebten und sich von diesen vorrangig darin unterschieden, dass sie keine Seele besäßen.

Goethe war ein Kenner Paracelsus‘ und seiner Elementenlehre und als solchen lässt er auch seinen Faust erscheinen. Heinrich Faust ist Jurist, Mediziner, Philosoph und Theologe; ein Gelehrter, wie er im Buche steht, mit Magister und Doktortitel. Doch Faust ist auch ein Okkultist, der sich mit schwarzer Magie beschäftigt. Als solcher ist er ein Kenner von Zaubersprüchen und Elementargeistern. „Wer sie nicht kennte, die Elemente, ihre Kraft und Eigenschaft, wäre kein Meister über die Geister,“ sinniert Faust in der nach ihm benannten Tragödie. So ist es verständlich, dass er neben Sylphe, Undine und Kobold (Gnom) natürlich auch den Salamander anruft. Von den Geistern unerhört, kann er den Auftritt des Leibhaftigen nicht verhindern. Wie auch in Heinrich Heines Essay „Elementargeister“ von 1835 steht bei Goethe der Teufel außerhalb der Nomenklatur und der Mythologie des Elementars.

Die Feuerverbundenheit des Salamanders wurde bis in die Neuzeit tradiert, wo Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr, Öfen oder Spezialeinheiten den Namen Salamander tragen. Besonders bekannt ist aber natürlich die Schuhfirma, ehemals aus Kornwestheim, die mit Feuersalamander Lurchi eine besondere Lichtgestalt geschaffen und die Kinderherzen vieler bundesrepublikanischer Generationen entflammt hat. Frei nach Goethe:

„Und lange schallt’s im Wald noch hin –
Salamander soll glühen, Salamander soll glühen!“


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Playmobil 9124 Johann Wolfgang von Goethe

Playmobil 9124 Johann Wolfgang von Goethe

Johann Wolfgang von Goethe ist zweifelsohne einer der größten deutschen Dichter und Denker. Jetzt hat Playmobil dem Universalgenie, Geheimrat und Dichterfürsten eine Sonderfigur gewidmet. Goethe kam am 28. August 1749 in Frankfurt am Main als Sohn ein...

Quellen und weiterführende Literatur

  • Eigene Sammlung und Recherchen
  • Johann Wolfgang von Goethe: Faust – Der Tragödie erster Teil. Tübingen: Cotta. 1808, Seite 82-84, Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, Version vom 18.8.2016, abgerufen am 12.02.2024
  • Im Rahmen der Recherchen zu dem rein als groben Überblick gedachten Artikel wurden vor allem Sekundärquellen aus der deutschen Wikipedia verwendet, darunter die Artikel: „Paracelsus“, „Elementargeist“, „Salamander“ (dort: Abschnitt „Mythologie“) & „Feuersalamander“, jeweils abgerufen am 13.02.2024 – für eine Zitierfähigkeit dieses Artikels im Rahmen wissenschaftlichen Arbeitens sollte eine tiefergehende Befassung mit den jeweiligen Originalquellen erfolgen.

Lange schallt’s im Walde noch:
Salamander lebe hoch!


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© Alle Abbildungen sind, soweit nicht anders gekennzeichnet, eigene Fotografien. Das Urheberrecht an der Gestaltung der abgebildeten Objekte liegt bei ihren jeweiligen Illustratoren und Produktgestaltern, die nach Möglichkeit und bester Kenntnis genannt werden. „Salamander“ und „Lurchi“ sind lange eingetragene Warenzeichen der Salamander AG und Salamander GmbH gewesen. Das Copyright der Illustrationen liegt bei Salamander, bzw. hinsichtlich der Lurchi-Bücher beim Esslinger Verlag. Lurchi ist seit 2023 eine Marke von Supremo. 

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