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Salamander als studentisches Trinkritual

Salamander Ritual (Postkarte 1899)

Als „Salamander“ ist nicht nur eine weltbekannte Schuhmarke, sondern auch eine in akademischen Verbindungskreisen bekannte und verbreitete Form des feierlichen Zutrinkens als Teil studentischer Trinkkultur. Bei dem auch als „Schoppensalamander“ bekannten Ritual werden zur Begrüßung oder Ehrung der Phillister oder Vertreter anderer Verbindungen, manchmal aber auch zu eigenen Ehren die Salamander gerieben. Außerhalb von Verbindungskreisen ist das Trinkritual, bei dem die Gläser auf dem Tisch gerieben werden, heute weitgehend unbekannt. Zu sehen ist es in dem Film „Der Untertan“ nach dem Roman von Heinrich Mann. Die Marke Salamander nahm das Trink- und Wortspiel um 1912 mit einer Juxkarte aufs Korn.


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Der Schoppensalamander

Praktiziert werden Salamander auf offiziellen Kommersen, also Feierlichkeiten einer Verbindung, oder auf Kneipen, wie studentische Feiern in Verbindungskreisen genannt werden, bei denen dem Comment zufolge Reden, Singen und Trinken Bestandteil der Zusammenkunft sind. Auf das Kommando „ad exercitium salamandri“ (Latein für „Zur Ausführung des Salamanders!“)  trinken alle Teilnehmer der Trinkrunde nach dem Zuruf „Prost“ ihr Bier auf Ex aus. Anschließend werden die Gläser  von allen gemeinsam auf dem Tisch gerieben und anschließend gleichzeitig ein bis dreimal laut auf dem Tisch abgesetzt. Dem geht zumeist noch ein Kommando voraus.

Je nach Eigenheit der Verbindung und Erhaltungsgrad der Traditionen können die Salamander-Rituale teils auch erheblich voneinander abweichen. Beim „flämischen Salamander“ wird beispielsweise vor der Ausführung eine lange Ankündigung über die Wirkung des „urkräftigen“ Salamanders gemacht. Bei anderen Salamanders wird das Glas auch vor dem Trinken schon gerieben oder es werden andere Kommandos verwendet. Das gemeinsame Trinken, Reiben oder Klackern der Gläser und laute Aufsetzen des Glases ist den meisten Verbindungen aber gemein. Das Trinkritual ist aber mehr als ein Trinkspiel. Es soll das Gemeinschaftsgefühl der Verbindung und die Einigkeit der Handelnden symbolisieren und beeindruckt Teilnehmer und Zuschauer immer wieder durch die Gleichzeitigkeit und Synchronhaftigkeit des Ablaufs.

Einen Eindruck vom Ablauf eines Ehrensalamanders kann man sich im 1951 veröffentlichten DEFA-Schwarzweißfilm „Der Untertan“ des Regisseurs Wolfgang Staudte nach dem gleichnamigen Roman von Heinrich Mann machen:

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https://www.youtube.com/watch?v=5KzoAypgqwg&ab_channel=Hoehnes00&loop=0

Auch in der DDR erhielt sich die Tradition des Salamanders in Studentenkreisen. Vor allem aus weit verbreiteter Unkenntnis der Tradition heraus entwickelten sich hier eigenständige Formen des Ehrensalamanders. Eine davon ist der sogenannte Knotensalamander. Jedem Verbindungsmitglied wurde eine rund 30cm lange Bierkordel überreicht. Nach jedem Salamander wurde ein Knoten in diese Kordel geknüpft. Teilweise wurden die Kordeln dann ihrerseits zu Bünden geknüpft, die am Gürtel getragen werden konnten. Während einige Verbindungen auch heute noch dieser Tradition anhängen, wird sie von anderen traditionsbewussteren Verbindungen nicht so ernst genommen.

Salamander Jux-Karte

Salamander Jux-Karte (1912)

Mit genau diesem Ritual erlaubte sich die Firma Salamander im Jahr 1912 einen Jux. Damals, in einer Zeit als Studentenverbindungen noch größere Bedeutung und ihre Bräuche stärkere Bekanntheit in der Bevölkerung hatte, entstand die Schuhputer-Postkarte als Künstlerkarte. Zwei Nachbarn treffen sich auf der einem Bild von Herbert Schultz, Berlin, aus dem Jahr 1911 nachempfunden Zeichnung und foppen einander. Der eine möchte wissen, ob der andere wohl jetzt unter die Schuhputzer gegangen ist, weil er seine gerade mit einem Lappen wienert. Der aber erwidert, er reibe ja zwei Salamander und sei deshalb nicht Schuhputzer sondern vielmehr Studiosus. Heute wie damals versteht man den Witz und das clevere Wortspiel nur dann, wenn man sowohl die Marke Salamander als Schuhhersteller als auch das Studentische Trinkritual gleichen Namens kennt.

Die Postkarte stelle ich detailliert im Artikel über die Salamander-Künstler-Postkarten vor.

Salamander Künstler-Postkarten aus dem Kaiserreich

Salamander Künstler-Postkarten aus dem Kaiserreich

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Fest- und Trauersalamander

Spezialformen sind der Festsalamander in Österreich zur Ehrung von Mitgliedern. Beim Trauersalamander oder in der Schweiz auch Totensalamander wird einem verstorbenen Verbindungsmitglied gedacht. Der Erste Vorsitzende der Verbindung, der sogenannte Senior, gibt das Kommando „Ad exercitium salamandri in honorem et pro laude nach unserem lieben verstorbenen … 1-2-3 bibite ex“. Die geleerten Gläser werden anschließend nicht auf dem Tisch abgesetzt, sondern darüber in der Luft gerieben. In einigen Verbindungen wird auch das Glas des Seniors mit dem Wunsch „fiducit“ („Vertrauen“) zu Boden geworfen. Beide Bestandteile des Rituals stehen für Stille und dafür, dass der verschiedene Bruder nun nicht mehr aus seinem Glas trinken wird.

Bei den Corps war es üblich, auf stillen Kneipen die fünfte Strophe des Liedes oder das komplette Lied „Vom hoh’n Olymp herab“ von Heinrich Christian Schnoor zu singen und danach einen Trauersalamander in der Luft zu reiben. In der besagten Strophe heißt es:

Ist einer uns’rer Brüder dann geschieden, vom blassen Tod gefordert ab,
so weinen wir und wünschen Ruh’ und Frieden in uns’res Bruders kühles Grab.
|: Weinet und wünschet Ruhe hinab, in unsers Bruders kühles Grab! :|

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https://www.youtube.com/watch?v=90t-k0FYuQ4&ab_channel=berndgans&loop=0

Die Ursprünge des Salamanders

Die Herkunft des Schoppensalamanders ist nicht eindeutig geklärt. Als gesichert gilt nur, dass das Ritual nicht auf das Altertum zurück geht. Wohl aber sind aufkommende Trinkrituale mit brennendem Schnaps und später auch mit Bier ab dem 18. Jahrhundert belegt. Der Salamander als Tier galt nach Paracelsus und altem Volksglauben als Elementarwesen des Feuers. Nach F. A. Lichterfeld geht zumindest der Name des Rituals womöglich auf das Corps Saxo-Borussia Heidelberg zurück und ist eine Verballhornung des Trinkspruchs „Sauft alle miteinander!“, der sich so auch im Allgemeinen Reichskommersbuch aus dem Jahr 1875 findet:

Das war einst in der Schänke
Zum Faß in Heidelberg;
Es schlürft das Gottgetränke
Der Riese wie ein Zwerg.
Der Präses sprach: „Selbander
Sollt heut ihr trinken nicht,
Sauft alle miteinander!“
Und so geschah’s nach Pflicht.

Der Ritus des Salamander mit dem harten Aufsetzen der Gläser könnte außerdem auf die Freimaurerbewegung zurückgehen, da es Parallelen zum Ritual der Tafelloge gibt. Darin werden verschiedene Toasts ausgebracht, mit Zählen bis drei die Gläser geleert und dann mit lautem Knall auf den Tisch gesetzt, wodurch Salutschüsse symbolisiert werden. Die verstärkten Gläser mit besonders dicken Böden nannte man deshalb in Freimaurerkreisen auch Kanonen.


Lange schallt’s im Walde noch:
Salamander lebe hoch!


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© Alle Abbildungen sind, soweit nicht anders gekennzeichnet, eigene Fotografien. Das Urheberrecht an der Gestaltung der abgebildeten Objekte liegt bei ihren jeweiligen Illustratoren und Produktgestaltern, die nach Möglichkeit und bester Kenntnis genannt werden. „Salamander“ und „Lurchi“ sind lange eingetragene Warenzeichen der Salamander AG und Salamander GmbH gewesen. Das Copyright der Illustrationen liegt bei Salamander, bzw. hinsichtlich der Lurchi-Bücher beim Esslinger Verlag. Lurchi ist seit 2023 eine Marke von Supremo. 

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