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Forschung & Sammlung

Salamander Künstler-Postkarten aus dem Kaiserreich

In Gründerzeit und Jugendstil erlebten die Ansichtskarten ihre Hochphase. Als Künstler-Postkarten bezeichnete man von Künstlern eigenhändig als Unikate angefertigte Postkartenmotive, die in der Regel unversendet blieben. Adaptiert wurde der Begriff allerdings auch für gedruckte Kunstpostkarten , sofern die Motive speziell für das Medium der Ansichtskarte und den Seriendruck selbiger geschaffen wurden. Künstler-Postkarten erfreuten sich zu der Zeit der Reklamemarken, die ebenfalls als kleine Kunstwerke geschaffen wurden, großer Beliebtheit und somit ist es nicht verwunderlich, dass auch die Schuhfirma Salamander auf selbige setzte. Von Künstler-Postkarten abzugrenzen sind Kunst-Postkarten, welche die eigenständigen Motive von Kunstwerken auf der Karte lediglich abbilden.


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Salamander Künstler-Postkarten (um 1912)

Aus den 1910er Jahren sind verschiedene Künstler-Postkarten der Firma Salamander belegt. Herausgegeben wurden diese von der Salamander Schuhgesellschaft mbH, Zentrale Berlin, die auf der Rückseite auch bei allen Karten als Verlag vermerkt ist. Neben Poststempeln, die für zwei der Motive auf 1912 datieren, ermöglicht dies ebenfalls eine zeitliche Einordnung. Die Salamander Schuhe GmbH wurde im März 1905 durch Rudolf Moos und Max Levi in Berlin gegründet und diente als reine Verkaufsorganisation, die von der Schuhfabrik zunächst unabhängig war. Die Gesellschaft unter der Leitung von Moos war für den Aufbau des Filialnetzes, aber auch für die Reklame zuständig. Im Streit trennten sich die beiden Gründer 1909 und Moss verließ das Unternehmen, welches in der Folge mit anderen Subfirmen des Konzerns zur oHG und 1916 zur AG umgebildet wurde. In den 1910er Jahren boomte das Filialwachstum. Bis 1913 entstand neben eigenen Schuhhäusern auch ein Netz von 832 Lizenzverkäufern im Inland und 26 im Ausland. Sie alle wollten mit Werbematerialien versorgt sein. Dass die Berliner Gesellschaft zu deren Produktion fortgeführt wurde, ist nicht bekannt. Es kann jedoch sein, dass auch um 1912 noch Werbepostkarten von Salamander Berlin in Umlauf waren. Diese sind selten und erzielen je nach Erhaltungsgrad Preise von bis 50 Euro.

Mindestens drei der Motive scheinen eine Serie zu bilden, die vierte Karte fällt gestalterisch etwas heraus und könnte Bestandteil einer anderen Serie sein. Es ist möglich, dass weitere Motive existieren, in diesem Fall wäre ich für einen entsprechenden Hinweis dankbar.

Alle drei Motive zeigen wohlhabende Personen bei gesellschaftlichen Anlässen oder in Vorbereitung darauf. Das erste zeigt einen Mann mit Schnurrbart in Mantel und Zylinder mit Spazierstock und Zigarette in Begleitung zweier Damen in wallenden Mänteln mit Hüten und Federschmuck. Die Gesellschaft scheint sich auf einer Art Feier oder einem Empfang im Außenbereich zu befinden oder auf einer vielbelebten Straße zu flanieren, da im Hintergrund eine größere Menschenmasse, in der vor allem Männer mit Zylindern erkennbar sind, und eine Fassade mit erleuchteten Fenstern zu erkennen ist. Das Motiv des Abendempfangs ist untertitelt mit der Aussage „Ein Vergnügen ohne Salamander-Stiefel kaum denkbar“.

Das zweite Motiv zeigt eine Dame in der Vorbereitung auf einen gesellschaftlichen Anlass. Die blonde Frau im langen blauen Kleid mit Schleppe steht vor einem Schminktisch mit Spiegel und zieht sich mit einem Lippenstift die Lippen nach. Hinter ihr steht eine Bedienstete im Dienstmädchen-Gewand mit Schürze und Haube und scheint beim Richten des Kleides behilflich zu sein. Im Hintergrund des Ankleidezimmers ist ein Schuhregal zu sehen, in dem viele Paare hochhackiger Damenschuhe stehen. Ein rotes Paar trägt die Frau bereits, ein anderes, schwarzes Paar liegt auf dem Boden, als sei es gerade anprobiert worden. Der Spruch zu dieser Künstlerkarte ist „Salamander-Stiefel. Der Stiefel der elagenten Welt.“ Stiefel sind indes allerdings gar nicht zu sehen.

Auch das dritte Bild zeigt eine elegante Dame mit Rock, Stola, roter Jacke, schwarzen hochhackigen Schuhen und Federhut. Sie steht am Tage in einer Stadtkulisse auf dem obersten Absatz einer Treppe und schickt sich an, über den ausgerollten Teppich die stufen zu ihrer Limousine zu gehen. Ein bediensteter Fahrer  im Chauffeursrock hält ihr in leichter Verbeugung die Autotür zum Einsteigen auf. Im Hintergrund ist ein Fortbewegungsmittel der Vergangenheit, eine Pferdekutsche mit Schimmeln angedeutet. Der zugehörige Spruch lautet: „Salamander-Stiefel dürfen sich sehen lassen“, wobei „Salamander-Stiefel“ wie schon in den anderen drei Karten gefettet ist. Auch dieses Bild zeigt abgesehen von den Schuhen des Fahrers keine Stiefel.

Als Werbebotschaften kann man alle drei Karten nach heutigen Maßstäben nicht sehr wirksam. Zur damaligen Zeit aber war Werbung noch schöngeistig und musste zur Markenbildung eher Gefühle und Empfindungen als klare und eingängige Slogans vermitteln. Dies geschieht hier dadurch, dass Menschen aus der feinen Gesellschaft gezeigt werden. Die Botschaft an die Käufer der Salamanderschuhe lautete, sinngemäß, dass man bereits für vergleichwesie kleines Geld günstig qualitativ hochwertiges Schuhwerk bekommen kann, mit dem man nahtlos in die feine Gesellschaft reinpassen würde.

Die Künstlerkarten werden relativ selten angeboten. Sie können Preise von 45-50 Euro erzielen, mit etwas Glück über Händler aber auch für unter 15 Euro zu erwerben sein. Der Künstler oder die Künstlerin hinter den Kartenmotiven ist übrigens nicht bekannt. Eine weitere Postkarte der Kaiserzeit, auf der Salamander mit der Schauspielerin Madge Lessing als Testimonial warb, wird in einem gesonderten Artikel ausführlich vorgestellt:

Salamander Postkarte mit Madge Lessing

Salamander Postkarte mit Madge Lessing

Madge Lessing war der Star am Berliner Metropoltheater im Deutschen Kaiserreich der 1910er Jahre. Die angloamerikanische Soubrette und Pantomime feierte ihre Erfolge nicht nur als Publikumsliebling am Theater, sondern stieg auch schnell zum Stummfilm-Sternchen...

Salamander Schuhputzer Postkarte (um 1912)

Die Schuhputzer-Postkarte von Salamander ist eine Karikatur in bester Berliner Manier. Die kolorierte Zeichnung zeigt das zusammentreffen zweier Männer, mutmaßlich Nachbarn, vor der Wohnungstür. Einer trägt eine blaue Schütze mit Flicken, Pantoffeln und wienert gerade seine Lederstiefel mit einem alten Lappen. Der andere, der unrasiert ist, trägt deutlich ärmlichere und zerlumpte Kleidung und eine Hutkrempe. Er zeigt auf die Schuhe des Putzenden und scheint sich an dessen Putzerei zu belustigen. Der erste Mann aber trägt die Nase hoch und wirkt in seinem Gestus fast herrschaftlich wie ein gehobener Hausangestellter. Das Bild ist einem Bild von Herbert Schultz, Berlin, aus dem Jahr 1911 nachempfunden und weist deutlich karikierende Züge auf. Darunter steht als Text der Dialog der beiden Männer in Berliner Dialekt:

„Na Hanske, seit wann bist du denn Stiefelputzer?“ fragt der Mann im zerlumpten Anzug. „Icke Stiefelputzer?“ entgegnet der zugleich empört und stolz. „Beleidige mich nicht! Studiosus bin ick!“ – „Du? Woso denn?“ ist der Hinzugekommene verblüfft. „Wie Du siehst, Willem, reibe ick eben zwei Salamander!“

Damit auch alle Leser und Betrachter den Witz verstehen, steht darunter in Klammern „Salamander, die bekannte Schuhfirma“. Damit auch wir diesen Witz heute noch verstehen, muss man sich etwas mit den Studentenverbindungen der Gründerzeit beschäftigen. Ein „Salamander“ in der Studentensprache ist eine besonders feierliche Form des Zutrinkens als Teil der akademischen Trinkkultur. Bei dem Ritual, das auch als „Schoppensalamander“ bezeichnet wurde und das bei Kommersen und in Kneipen zum Einsatz kam, ist das Reiben der Gläser auf dem Tisch vor und nach dem Trinken Teil des Ritus. Wenn Hanske also sagt, dass er zwei Salamander reibe, so reibt er eigentlich die Schuhe der gleichnamigen Marke, meint aber das Reiben der Salamander-Gläser im Rahmen der Verbindung. Während Willem ihn also als Schuhputzer niedrigzustellen versucht, überhöht sich Hanske mit seiner Antwort zum Studiosus, womit er Willem gegenüber wohl besser gestellt wäre. Ein schönes Wortspiel ganz im Geiste der damaligen Zeit und mit dem entsprechenden Hintergrundwissen auch durchaus witzig und geistreich.

Zu datieren ist die Karte sehr eindeutig auf 1911/1912. Zum einen referenziert das Bild auf ein anderes Bild aus dem Jahr 1911, zum anderen liegt die Karte mir gelaufen mit Poststempel von 1912 vor. Die Postkarte ist sehr selten und hat einen Sammler-Wert von etwa 20 Euro. In schlechtem Erhaltungszustand kann man Glück haben und sie auch schon ab 5-7 Euro bekommen.

Salamander als studentisches Trinkritual

Salamander als studentisches Trinkritual

Als "Salamander" ist nicht nur eine weltbekannte Schuhmarke, sondern auch eine in akademischen Verbindungskreisen bekannte und verbreitete Form des feierlichen Zutrinkens als Teil studentischer Trinkkultur. Bei dem auch als "Schoppensalamander" bekannten...

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Die Ära der Künstler-Postkarten war für Salamander schnell vorbei. Es gibt jedoch auch unzählige Ansichtskarten von Städten, auf denen Salamander-Filialen, der Hauptsitz in Berlin und die Fabrik in Kornwestheim zu sehen sind. Außerdem gibt es mehrere Reihen von Postkarten mit der Salamander-Werbefigur Lurchi und seinen Freunden.

Salamander Postkarte mit Madge Lessing

Salamander Postkarte mit Madge Lessing

Madge Lessing war der Star am Berliner Metropoltheater im Deutschen Kaiserreich der 1910er Jahre. Die angloamerikanische Soubrette und Pantomime feierte ihre Erfolge nicht nur als Publikumsliebling am Theater, sondern stieg auch schnell zum Stummfilm-Sternchen...

Lange schallt’s im Walde noch:
Salamander lebe hoch!


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© Alle Abbildungen sind, soweit nicht anders gekennzeichnet, eigene Fotografien. Das Urheberrecht an der Gestaltung der abgebildeten Objekte liegt bei ihren jeweiligen Illustratoren und Produktgestaltern, die nach Möglichkeit und bester Kenntnis genannt werden. „Salamander“ und „Lurchi“ sind lange eingetragene Warenzeichen der Salamander AG und Salamander GmbH gewesen. Das Copyright der Illustrationen liegt bei Salamander, bzw. hinsichtlich der Lurchi-Bücher beim Esslinger Verlag. Lurchi ist seit 2023 eine Marke von Supremo. 

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