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Salamander Postkarte mit Madge Lessing

Madge Lessing war der Star am Berliner Metropoltheater im Deutschen Kaiserreich der 1910er Jahre. Die angloamerikanische Soubrette und Pantomime feierte ihre Erfolge nicht nur als Publikumsliebling am Theater, sondern stieg auch schnell zum Stummfilm-Sternchen auf. Die Schuhmarke Salamander probierte sich in dieser Zeit mit Reklamemarken und Künstler-Postkarten auf dem noch jungen Werbemarkt aus. Auf einer Werbepostkarte der Gründerzeit findet sich Mage Lessing als Tetimonial, das für die Salamanderstiefel warb. Aus Sicht des Unternehmens, das (anders als Rudolf Moos spätere Gründung Puma Schuhe) nur wenig auf prominente Namen zur Bewerbung seiner Produkte setzte, war dies eine Seltenheit. Ihre Werbekarte ist gesucht und selten auf dem Sammlermarkt erhältlich.


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Salamander-Postkarte mit Madge Lessing

Die Postkarte zeigt die Theater- und Filmschauspielerin Madge Lessing bei der Schuhanprobe im Berliner Salamander-Haus, der Vorzeigeadresse des Unternehmens. Das Haus war bundesweit sehr bekannt. Heute würde man wohl „Flagship-Store“ dazu sagen. Die ebenfalls weithin bekannte und beliebte Schauspielerin, in einen Mantelgewandet und mit einem pompösen Hut auf dem Kopf, sitzt dabei in der Anprobierecke und hat einen Fuß angewinkelt auf dem Tritt des Schemels. In der einen Hand hält die elegant gekleidete Dame ihre Handtasche, in der anderen Hand einen hellbraunen Salamander-Schuh. Die künstlerische Darstellung arbeitet mit wenig Farben, in denen die Rot und Gelbtöne des Salamanderladens eine besondere Wärme ausstrahlen. Der modische Witz und die Beliebtheit der Schauspielerin sollen dabei auf das beworbene Produkt abstrahlen.

Oben rechts über dem Bild steht der Satz „Kenner tragen Salamander“, unten mittig „Madge Lessing, der Star des Metropol-Theaters beim Stiefelkauf im Salamander-Schuhhaus“. Die Art der Aufmachung lässt darauf schließen, dass es sich eventuell sogar um eine Reihe an Kenner-Postkarten gehandelt haben könnte. Andere Postkarten mit Testimonials sind allerdings nicht bekannt. Die Schriftart ist identisch zu anderen Salamander-Künstlerkarten der Zeit und kann daher auch mit diesen in eine Serie eingeordnet werden. Verlegt wurde die Karte im Selbstverlag der „Salamander Schuhgesellschaft m.b.H., Zentrale Berlin“. Die mir vorliegende Karte ist 1912 gestempelt was zeitlich ebenfalls passt. Die Karte mit Madge Lessing ist sehr selten und hat einen Sammlerwert von 45 bis 60 Euro.

„Miss Madge Lessing“, ein Theaterstar im Kaiserreich

Madge Lessing Ansichtskarte (um 1900)

Madge Lessing wurde am 27. November 1873 als Margaret O’Donnell in London als Tochter irischer Eltern geboren. Bereits um 1890 tauchte sie in den USA auf, wo sie als Chorsängerin in kleinen New Yorker Varietétheaterrevuen und später am Broadway auftrat. In Interviews gab sie später an, von zuhause weggelaufen zu sein, um ihrem Traum vom Schauspiel nachzugehen. Mit dem Stück „The Passing Show“ (1894) und den Revuen „In Gay New York“ (1896), geschrieben von ihrem späteren Schwager C. M. S. McLellan, und „Jack and the Beanstalk“ (1896) feierte sie große Erfolge und erlangte Bekanntheit in den gesamten Staaten und wurde in Boston und Washington verpflichtet. Immer wieder spielte sie die männlichen Hauptrollen und trat in Märchenrevuen und Pantomimen wie Rotkäppchen oder Schneewittchen auf. Um 1900 kehrte sie nach England zurück und begann. Sie konnte Anstellungen an renommierten Häusern wie dem New Yorker Casino Theatre, der Londoner Westend-Bühne Theatre Royal Drury Lane und am Londoner Adelphi Theatre vorweisen, trat 1907/08 sogar in Paris auf.

Madge Lessing Ansichtskarte (um 1900)

Nach Deutschland kam sie erstmals 1909 und fand eine Anstellung am Metropoltheater in Berlin, wo sie in Revuen und Sketchen auftrat und schnell zum Publikumsliebling avancierte. Dort wurde wohl auch der Stummfilm-Regisseur Max Mack auf die Britin aufmerksam und erkannte ihr komishes Talent und ihre Gabe für Pantomime. In den Jahren 1913 und 1914 entstanden die Filme „Wo ist Coletti?“, „Die blaue Maus“ Teil 1 und 2 und “ Die Welt ohne Männer“. Das Publikum war begeistert, die Kritiker bescheinigten ihr eine „ungemein liebenswürdige Koketterie“ (Vgl. Schwalbe 1913a). Auch die Kinematographische Rundschau und Schausteller-Zeitung „Die Schwalbe“ konstatierte ein Spiel mit „rassigem Temperament, so viel anmutiger Ausgelassenheit und schicker Frische, daß die Szenen nur so vorüberwirbeln und das Lachen nicht enden will“ (Vgl. Schwalbe 1913b). Auch die österreichische Theaterwelt konnte sie begeistern. 1913/14 feierte sie Erfolge mit der Telefonburleske „Hallo Fredy!“ am Apollo-Theater in Wien.

Als 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach, verließ Madge Lessing überstürzt das Land, da sie als Ausländerin Anfeindungen fürchtete. Zurück in London spielte sie in „Sleeping Partners“ und die Hauptrolle in „The Girl from Ciro’s“. 1916 kehrte sie in den Kriegsjahren noch einmal nach Deutschland zurück. Durch Hochzeit mit dem US-amerikanischen Theatermacher George Brinton McLellan (1867–1932) verfügte sie über einen amerikanischen Pass der zu diesem Zeitpunkt noch nicht in die Kriegshandlungen involvierten Vereinigten Staaten. Sie dreht mit Max Mack den letzten gemeinsamen Film „Fritzis toller Einfall“, ein Filmlustspiel. Anschließend verließ sie das Land sofort wieder.

Von einem Rückkehrversuch an den Broadway 1921 abgesehen, zog sich die Schauspielerin vollständig ins Privatleben zurück. Sie lebte noch 45 Jahre und verstarb am 14.August 1966 im hohen Alter von 92 Jahren in Bournemouth in Großbritannien.

Testimonial für Salamander

Mariani-Wein warb mit Papst Leo XIII. (1899)

Heutzutage ist es Gang und Gäbe, mit sogenannten Testimonials zu werben. Dabei handelt es sich um Werbebotschafter einer Marke, die entweder eine Kunstfigur wie Klementine aus der Waschmittelwerbung, Herr Kaiser von der Hamburg Mannheimer, Käpt’n Iglo, Meister Propper oder natürlich Lurchi von Salamander, um eine nicht bekannte Persönlichkeit, die sich für ein Produkt ausspricht, oder um eine prominente Person. Bekannt wurden in unserer Zeit beispielsweise Boris Becker für T-Online, Manfred Krug für die T-Aktien oder Mikka Häkkinnen für Mercedes.

Doch auch in und vor der der Kaiserzeit gab es schon Testimonials. Der Mariani-Wein von 1863, ein Angelo Mariani erstmals hergestelltes alkoholhaltiges Getränk aus Bordeauxwein und Extrakten des Cocastrauchs, dessen Verkauf in Deutschland mit dem Opiumgesetz vom 20. Juli 1920 gestoppt wurde, ist ein frühes Beispiel. Das Getränk, das als Vorläufer der Coca Cola gilt, war an den Höfen Europas beliebt. Papst Leo XIII. verlieh dem Getränk eine Goldmedaille und wurde daraufhin um die Jahrhundertwende auf einem Werbebild für das Getränk abgebildet (Vgl. Illustrated London News 1899).

An Lurchi als Testimonial für Salamander war 1912 noch nicht zu denken. Zwar erhob sich der Salamander auch in der Printwerbung gerade zu einer antropomorphen Tierfigur, die in Reimform mit der Welt kommunizierte, doch Salamander war vor allem für Qualität und Einheitspreise bekannt. Die Chance, die sich durch Testimonials bot, erkannte ebenfalls 1912 allerdings auch Rudolf Moos, Erfinder der Marke Salamander und mittlerweile mit seiner neuen Marke Puma Stiefel unterwegs. Er wurde vom damaligen Langstreckenläufer Hermann Müller kontaktiert und schenkte ihm ein paar Puma-Schuhe, sofern er dieses bei seiner Teilnahme am 25 Kilometer Lauf tragen würde. Müller sagte zu, trug die Schuhe und gewann tatsächlich den Lauf, wodurch er sich Weltmeister in dieser Distanz nennen durfte.

Salamander aber setzte so weit dies bekannt ist, nicht auf Sportler als Testimonials. Besonders in seiner Postkartenserie stellte die Marke auf die feine Dame von Welt ab und jene, die es werden wollten. Da lag es nahe, den Damen eine Identifikationsfigur wie Madge Lessing aus Film und  Theater vorzusetzen, die bei Publikum und Kritikern gleichermaßen beliebt war. Sie stand als Showgirl ebenso wie das Salamander-Haus, erbaut 1909 vom Jugendstil-Architekten August Endell, als Shopping-Destination für die Berliner Szene und genoss große Bekanntheit. Dass Salamander in dieser Zeit noch einmal mit einem anderen Testimonial geworben hat, ist nicht bekannt. Erst 1937 wurde Lurchi aus der Taufe gehoben und erst nach dem zweiten Weltkrieg sollte sein großes Stündlein schlagen.


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Werkschau – Madge Lessing

Theater & Bühnenstücke

  • Chorsängerin bei der Bial’s Music Hall in New York (1890)
  • „Belle Helene“ (Burlesque) bei der Bial’s Music Hall in New York (1890) in der Titelrolle
  • „The Passing Show“ bei der Solomon Opera Company, New York (1894) als Chollie Keal
  • „In Gay New York“ in New York (1896)
  • „Jack and the Beanstalk“ am New Yorker Casino Theatre (1896), in Boston (1896) und in Washington DC (1998), jeweils als Jack
  • „A Dangerous Maid“ am New Yorker Casino Theatre (1899)
  • „Little Red Riding Hood“ (Pantomime) in Boston (1899) als Kinderstück und am New Yorker Casino Theatre (1900) als Erwachsenenstück, als Little Boy Blue
  • „The Rounders“ in New York und am Columbia Theatre in Boston (1900), als Priscilla
  • „The Lady Slavey“ (Operette) am Columbia Theatre in Boston (1900) in der Titelrolle
  • „The Monks of Malabar“ in Boston (1900), als Anita Tivoli
  • „The Sleeping Beauty and the Prince“ (Pantomime für Kinder) am Theatre Royal Drury Lane in London (1900), als Princess Beauty
  • “The Whirl of the Town” am Theatre Royal Drury Lane in London (1901) als Dimples
  • “The Belle of New York” am Adelphi Theatre in London (1902) als Violet Gray
  • „Mother Goose“ (Pantomime) am Theatre Royal Drury Lane in London (1902)
  • „Em’ly“ (Adaption von Charles Dickens‘ „David Copperfield“),  am Adelphi Theatre in London (1903)
  • „Erminie“ am New Yorker Casino Theatre (1903)
  • „Wang“ mit der DeWolf Hopper Opera Company in New York (1903)
  • „Sergeant Brue“ am Prince of Wales Theatre in London (1904)
  • „Noah’s Ark“ im Waldorf Theatre in London (1906) als Elsie
  • „The Prince of Pilsen“ am Olympia Theatre in Paris (1907/08)
  • „Halloh!“ am Metropoltheater in Berlin (1909)
  • „Chauffeur-ins Metropol“ am Metropoltheater in Berlin (1912) als Tanzpartnerin von Will Bishop
  • „Hallo Fredy!“ am Wiener Apollo-Theater (1913/14)
  • „Sleeping Partners“ in London (1914)
  • „The Girl from Ciro’s“ in London, in der Hauptrolle
  • „Fads and Fancies“ in einer Nebenrolle am Knickerbocker Theatre am New Yorker Broadway
  • „Erminie“ am Park Theatre am New Yorker Broadway (1921) in der Nebenrolle des Captain Delauney

Filmografie

  • „Wo ist Coletti?“ (1913) als Lolotte
  • „Die blaue Maus“ (1913) als Fritzl Lustig
  • „Die blaue Maus, 2. Teil“ (1914) als Fritzl Lustig
  • „Die Welt ohne Männer“ (1914) als Gusti
  • „Fritzis toller Einfall“ (1916) (Österr. Titel: „Hotelier Knusecke“)

Quellen und weiterführende Literatur

  • Eigene Sammlung und Recherchen
  • „Pressekritiken“, in: Kinematographische Rundschau und Schausteller-Zeitung „Die Schwalbe“ / Neue Kino-Rundschau, 23. November 1913, S. 42
  • „Madge Lessing in Die blaue Maus“, in: Kinematographische Rundschau und Schausteller-Zeitung „Die Schwalbe“ / Neue Kino-Rundschau, 16. November 1913, S. 77
  • Illustrated London News 1899, Anzeigenteil S. 671
  • S. Jänisch: „Rudolf Moos: Nach Salamander kam Puma“ vom 02.06.2021 (weitere Quellen dort)
  • Die für diese Seite fotografierten Abbildungen sind aufgrund ihres Alters gemeinfrei / Public Domain.

Lange schallt’s im Walde noch:
Salamander lebe hoch!


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© Alle Abbildungen sind, soweit nicht anders gekennzeichnet, eigene Fotografien. Das Urheberrecht an der Gestaltung der abgebildeten Objekte liegt bei ihren jeweiligen Illustratoren und Produktgestaltern, die nach Möglichkeit und bester Kenntnis genannt werden. „Salamander“ und „Lurchi“ sind lange eingetragene Warenzeichen der Salamander AG und Salamander GmbH gewesen. Das Copyright der Illustrationen liegt bei Salamander, bzw. hinsichtlich der Lurchi-Bücher beim Esslinger Verlag. Lurchi ist seit 2023 eine Marke von Supremo. 

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