Collection Heroes

Forschung & Sammlung

Karl Graak: Wirb oder stirb. 100 Jahre Lyrik in der Werbung

Karl Graak untersucht in seinem posthum erschienenen Sachbuch „Wirb oder stirb – 100 Jahre Lyrik in der Werbung. Die schöne Kunst der Selbstdarstellung.“ aus dem Jahr 1988 eindrucksvoll die Werbewirtschaft und deren Gebrauch von Reimen und Gedichten zur Reklame für Produkte und Dienstleistungen aller erdenklichen Branchen. Der erfahrene Werbefachmann kombiniert dabei eigenes Wissen und seine bestehende Expertise mit Hunderten von Fallbeispielen aus tatsächlich fast 100 Jahren Werbung, darunter bekannte Namen wie Nivea, Liebig, Wrangler oder Salamander.


Lurchi-Übersicht | Lurchi Figuren | Lurchi Hörspiele


Graaks Buch ist ein unterhaltsames Sachbuch, dessen besondere Leistung nicht nur in der Kommentierung und Einordnung der Werbehistorie sondern auch im Zusammentragen der unzähligen Beispiele aus der Werbewirtschaft liegt. Wer in Graaks Buch eintaucht, begegnet vielen historischen Werbeanzeigen und Werbetexten, sowie unveröffentlichten Einblicken in Dichterwettbewerbe solcher Texte im Rahmen von Preisausschreiben. Karl Graak lässt dabei seine umfassenden Erfahrungen aus der Werbebranche einfließen.

Lurchi und Salamander bei Karl Graak

Man sollte meinen, dass die Lurchi-Hefte einen besonderen Platz im Lyrik-Kosmos von Karl Graak einnehmen. Die seit etwa 1936/37 veröffentlichten Werbecomics sind lange Jahre durchgängig gereimt gewesen und stark an die Märchen-Bilderbücher der 1920er Jahre, sowie an Vorbilder bei Wilhelm Busch angelehnt. Trotz allem handelt es sich bei den grünen Heften um Werbebotschaften, da Lurchi und seine Freunde ihre Abenteuer neben Raffinesse, Cleverness und Zusammenhalt oft besonders gut durch die Salamander-Schuhe bestanden. Damit wurden Kinder nicht nur durch die Ausgabe der bebilderten Lyrik-Heftchen zum Schuhkauf animiert, sondern bekamen die Werbebotschaften direkt in Reimform mit einem „Und im Wald schallt’s lange noch: Salamander lebe hoch“ geliefert.

Karl Graak übersieht Lurchi als Klassiker der Werbelyrik allerdings komplett und geht lediglich auf die klassischen Anzeigen und Spots der Werbewirtschaft ein. Dieses Manko ist jedoch das einzige Versäumnis, das man an seinem ansonsten sehr umfangreichen Buch bemerken kann. Die Firma Salamander selbst kommt immerhin im Kapitel über Bekleidung vor. Dort heißt es dann aus einer Printanzeige des Jahres 1909:

„Nun regt in jeder Burschenbrust
Der junge Mai die Wanderlust
Zieh aus ins grüne Feld!
Wie wirst du heiter wandern
In deinen Salamandern
Wohl durch die weite Welt!“

Die Anzeige stammt, so viel Einordnung muss erlaubt sein, aus einer Printserie, die unter anderem in der Zeitschrift „Jugend“ veröffentlicht wurde und insgesamt acht Reklamen umfasste. Die Anzeigen gelten als die ersten, in denen der Salamander aus dem Logo der gleichnamigen Marke das Laufen lernte und so wie später Lurchi in comichaften Zeichnungen mit der Welt interagierte. Da wo Lurchi selbst fehlt, gibt es also zumindest einen Proto-Lurchi zu entdecken, auch wenn die zugehörige Printanzeige gar nicht abgedruckt wurde und dem unkundigen Leser dieser Fakt entgeht.

Im Kontrast stellt Graak auch einen gereimten Werbetext von Salamander aus dem Jahr 1980 vor, der interessanterweise auch das Wettermotiv und die daraus entstehende Notwendigkeit guten Schuhwerks umkehrt:

„Kuschelwarme Trockenheit,
ob es regnet oder schneit.
Stiefeln Sie ganz wohlig warm
durch den Winter mit viel Charme.“

Insgesamt werden noch viele weitere Beispiele für Werbetexte zu Schuhen verschiedenster Schuhmarken und -händler vorgestellt, was das Buch zu einer interessanten Wissensquelle für Laien und Forscher macht.


#Anzeige

„Wirb oder stirb“ von Karl Graak auf Amazon kaufen

„Wirb oder stirb“ von Karl Graak auf ebay kaufen


Lyrik in der Werbung

Liebig’s Fleischextrakt: Werbegedicht nach Eichendorff

Lyrik ist eine beliebte und wirksame Methode, die seit über 100 Jahren in der Werbung eingesetzt wird, um bestimmte Emotionen oder Botschaften beim Publikum hervorzurufen. Die Verwendung von Gedichten oder Gedichtzeilen in Werbekampagnen kann sehr wirkungsvoll sein, da sie die Fantasie und die Gefühle der Zielgruppe ansprechen kann. Der Autor führt beispielsweise alte Printwerbungen von Liebigs Fleischextrakten oder Nivea an, die mit umgedichteten Reimen berühmter Dichter warben oder einprägsame Jingles für die audiovisuellen Medien schufen. Als Erfinderin des Musik-Jingles, der den Werbefilm revolutionierte gilt heute Elly Heuss-Knapp, Werbetexterin und Ehefrau des späteren ersten Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland Theodor Heuss.

In der Vergangenheit wurden Gedichte häufig in Werbung für Güter und Dienstleistungen eingesetzt, um ein Gefühl von Exklusivität und Raffinesse zu vermitteln. Auch wurden Gedichte oft verwendet, um ein Gefühl von Zuneigung und Zufriedenheit zu vermitteln. Die Verwendung von Lyrik in der Werbung kann auf verschiedene Arten erfolgen. Eine Möglichkeit ist die Verwendung von Gedichten oder Gedichtzeilen als Slogan oder Catchphrase für eine Werbebotschaft. Ein Beispiel hierfür ist auch der von Graak angeführte Binnenreim „Keine Sorge, Volksfürsorge“. Eine andere Möglichkeit ist die Verwendung von Gedichten in gesprochener oder gesungener Form in Radio- oder Fernsehwerbespots. „Geht ins Ohr, bleibt im Kopf,“ wie eine moderne Werbung für Radiowerbung in ihrem Slogan heute so schön sagt.

Im Laufe der Jahre haben sich die Gedichte, die in der Werbung verwendet werden, jedoch verändert. Heutzutage werden weniger Gedichte von bekannten Dichtern verwendet, um ein Gefühl von Intelligenz und Kultiviertheit zu vermitteln. Stattdessen geht es mehr um wieder erkennbare und gut einprägsame Slogans und Claims. Wurden Gedichte und Lyrik früher mehr dazu verwendet, das Image des Unternehmens oder der Marke aufzuwerten und ihm einen höheren Anspruch zu verleihen, geht es heute mehr um die Abgrenzung zur Konkurrenz auf einem stark zerklüfteten Werbemarkt. Lyrik in Form von werblichen Gedichten scheint seit einigen Jahrzehnten immer weniger zu werden und auch die Lurchi-Hefte von Salamander sind seit dem Jahr 2000 nicht mehr gereimt. Zusammenfassend hat sich die Verwendung von Lyrik in der Werbung im Laufe der letzten 100 Jahre stark verändert, aber es bleibt eine wirkungsvolle Methode, um Emotionen und Botschaften beim Publikum zu vermitteln und nicht nur die Fans des Lurchi-Klassikers dürften sich ein bisschen mehr Reime in der Werbung zurückwünschen.

Über Karl Graak

Karl Graak, geboren 1914 in Hamburg, hat nach eigenen Angaben ein Leben lang „auf der Grenzlinie zwischen Kunst und Kommerz gelebt und gearbeitet“. Er studierte Kunstgeschichte, Soziologie und Philosophie. Während seines Studiums gab er bereits 1939 das „Hamburger Studentenbuch. 1938/1939. Im Auftrage der Gaustaudentenführung Hamburg“ beim Verlag Evers und Hansen heraus, welches heute gelegentlich antiquarisch zu finden ist. Nach seiner Promotion als als Dr. phil. arbeitete Graak als Journalist für Presse und Rundfunk. In den 1950er Jahren  war er Herausgeber der Zeitschrift „Selbst ist der Mann – Das deutsche Do it yourself“ und veröffentlichte in den 1970er Jahren Fachaufsätze in dem Magazin „Sigill: Blätter für Buch und Kunst“. Auch für Unternehmenspublikationen war er tätig. Auf antiquarischen Buchportalen finden sich Veröffentlichungen mit Fren Förster für die BP Benzin und Petroleum Aktiengesellschaft. Unter anderem entstanden im Rahmen dieser Zusammenarbeit die Broschüren „Reisen mit Kindern“ (1968), „Die Frau am Steuer. Eine Dokumentation der BP Benzin und Petroleum AG Hamburg über die autofahrende Frau in der Bundesrepublik, mit den Ergebnissen einer für diese Broschüre durchgeführten Repräsentativ-Befragung.“ (1969),  „Parkhäuser, Oasen im Verkehr.“ (1970), „Sigill. Eine Zeitschrift und ihr Kreis. Eine Ausstellung der BP Benzin und Petroleum Aktiengesellschaft Hamburg zum Thema Schrift und Bild“ (1972) und „Das Buch vom Erdoel“ (4. Auflage 1978). Graak beschäftigte sich als Kenner und Sammler auf dem Gebiet der Poesie und Lyrik wie auch auf dem Gebiet der Künstler-Spielkarten. Im Rahmen seiner Leidenschaft entstanden zwischen 1965 und 1984 vier Buchmanuskripte, von denen zwei posthum nach seinem Tod im Jahr 1984 veröffentlicht wurden:

  • Karl Graak: „Poesiealbum. Poesiealbumverse aus dem 19. Jahrhundert.“ (1965), Goverts (Stuttgart)
  • Karl Graak: „Vergiss mein nicht – gedenke mein. Vom Stammbuch zum Poesiealbum – eine kleine Geschichte des freundschaftlichen Gefühls, wie es die privaten Erinnerungsbücher vergangener Zeiten bewahrt haben.“ (1982), Bruckmann (München), ISBN 3765418706 (ISBN-13: 9783765418709), 72 Seiten
  • Karl Graak: „Künstlerspielkarten des 20.Jahrhunderts. Kunst zum Spielen.“ (1985), DuMont Verlag (Köln), ISBN , 177 Seiten
  • Karl Graak: „Wirb oder stirb. 100 Jahre Lyrik in der Werbung. Die schöne Kunst der Selbstdarstellung.“ (1988), Datakontext-Verlag (Köln), ISBN 3921899915 (ISBN-13: 9783921899915), 152 Seiten

#Anzeige

Bücher von Karl Graak auf Amazon kaufen

Bücher von Karl Graak auf ebay kaufen



Zur Lurchi-Übersicht | Literatur über Lurchi | Lurchi Spielsachen


Ähnliche Artikel

Als Lurchi laufen lernte: Reklame-Welt im Kaiserreich

Als Lurchi laufen lernte: Reklame-Welt im Kaiserreich

Ist Lurchi, der beliebte Werbeträger von Salamander, älter als gedacht? Lurchi gibt es seit 1936/37, doch schon im Jahr 1909 machte Salamander Reklame mit einem aufrecht gehenden, vermenschlichten Salamander in Verbindung mit gereimten Versen. In d...

Quellen und weiterführende Literatur

  • Eigene Sammlung und Recherchen
  • Karl Graak: „Wirb oder stirb – 100 Jahre Lyrik in d. Werbung. Die schöne Kunst der Selbstdarstellung“ (1988), Datakontext-Verlag (Köln), 149 Seiten ; hier insbesondere Kapitel XI „Bekleidung – Gestern, morgen heute, Kleider machen Leute“, S. 119-126

Lange schallt’s im Walde noch:
Salamander lebe hoch!


Collection Heroes ist eine redaktionelle Seite, die sich mit eigener Sammlung und Forschung beschäftigt und zugleich eine Anleitung für andere Sammler und Forscher gibt. Alle Texte auf dieser Seite sind selbst recherchierte und verfasste Texte. Irrtümer und Änderungen vorbehalten. 

© Alle Abbildungen sind, soweit nicht anders gekennzeichnet, eigene Fotografien. Das Urheberrecht an der Gestaltung der abgebildeten Objekte liegt bei ihren jeweiligen Illustrator:innen und Produktgestalter:innen, die nach Möglichkeit und bester Kenntnis genannt werden. „Salamander“ und „Lurchi“ sind lange eingetragene Warenzeichen der Salamander AG und Salamander GmbH gewesen. Das Copyright der Illustrationen liegt bei Salamander, bzw. hinsichtlich der Lurchi-Bücher beim Esslinger Verlag. Lurchi ist seit 2023 eine Marke von Supremo. 

Kauf-, Tausch- oder Verkaufsanfrage zu einem der Objekte stellen.

Collection Heroes nimmt am Amazon und am ebay Partnerprogramm teil. Für qualifizierte Verkäufe erhält der Betreiber dieser Seite eine Provision, welche jedoch keinen Einfluss auf die redaktionelle Berichterstattung hat.