Collection Heroes

Forschung & Sammlung

Lurchi Verkehrszeichen-Würfelspiel

Ein weitgehend unbekanntes und extrem seltenes Lurchi-Würfelspiel ist das „Salamander Verkehrs Zeichen Spiel“ (Eigenschreibweise), das vereinzelt auf dem Sammlermarkt auftaucht. Da der Spielbogen kaum Bezüge zu Lurchi hat und die Spielfiguren meistens fehlen, wird das Salamander-Brettspiel in der Regel gar nicht als Lurchi-Spiel erkannt. Dabei ist es eine echte Rarität, denn es datiert auf die frühen 1950er Jahre und wurde vermutlich nur in einer einzigen Auflage herausgebracht. Die Figurengestaltung ist zudem noch sehr grob und eine Zuschreibung zu Heinz Schubel dadurch nicht ganz zweifelsfrei möglich. Adressiert wurden vor allem die Schulkinder im Rahmen einer spielerischen Verkehrserziehung.


Lurchi-Übersicht | Lurchi Figuren | Lurchi Hörspiele


Verkehrserziehung beim Würfeln

Das Spielbrett

Salamander Emaille-Schild Außenwerbung (Anfang 1950er)

Das 27,5 mal 57 Zentimeter große Spielbrett zeigt eine Stadtlandschaft mit Verkehrszeichen (mehrere davon in der Version vor der StVO-Novellierung 1953) und verschiedenen Nummernfeldern, über die die Spielfiguren mit Würfeln bewegt werden. Links unten ist das Startfeld, rechts oben die Salamander-Filiale mit dem Parkplatz als Ziel. Insgesamt sind es 58 Spielfelder, von denen einige Ereignistexte wie „aussetzen“, „zurück auf Feld X“ oder „mit 6 nicht weiter“ haben. Mehrfach findet man im Stadtbild die in den 1950er Jahren übliche Salamander-Außenwerbung mit dem Emaille-Schild „Salamander – Auf allen Wegen„, die als Motiv auch unterhalb der Spielanleitung rechts platziert ist. Bei der Stadt handelt es sich augenscheinlich um „Lurchhausen“, ein Hinweis auf Lurchi. Das erkennt man durch Ausschilderungen an Feld Nummer 6 und am Bahnhof. Außerdem enthält das Spielbrett einen Streifen, auf dem die wichtigsten Verkehrsschilder für Jung und Alt aufgezeichnet und erklärt sind. So können alle Schilder, die beim Spielen auffallen sofort in der Legende nachgesehen und gelernt werden.

Das Brett enthält die Fußnoten „Imprimé en Allemagne“ (gedruckt in Deutschland) wie es nach dem Krieg und bis zur Anerkennung der DDR üblich war, sowie den Verlagshinweis „Vereinigte Kunstanstalten AG Kaufbeuren (Bayern). Der Verlag war es, mit dem Salamander lange Zeit zusammen arbeitete, der Heinz Schubel beschäftigte und lange Zeit die Lurchi-Hefte verlegte.

Die Spielfiguren

Die Spielfiguren zeigen Lurchis Freundeskreis: Igelmann, Mäusepiep, Unkerich, Zwerg Piping und Frosch Hopps sitzen in Autos unterschiedlicher Farben. Erst 1955 mit Heft 12 (Veröffentlichung 06/55, Zeichnung vermutlich Ende 1954 / Anfang 1955) hatte sich dieser Freundeskreis fest gefunden (Vgl. Doblies 2012). Piping trägt auch bereits seine rote Jacke anstelle des zu Beginn der Ära Schubel üblichen Karohemdes mit Latzhose. In jedem Fall kann man an dem groben Zeichenstil gut erkennen, dass die Freunde entweder nicht aus der Feder des Lurchi-Zeichners Heinz Schubel oder nur aus einer Frühphase seines Schaffens stammen können. Besonders Igelmann und Mäusepiep haben fast boshafte Züge. Letzterer wirkt von Gebiss und Kopfform her fast wie ein Hai. Die Spielfiguren waren wie beim anderen Lurchi-Spielbogen rechts aus dem Bogen ausgestanzt und mussten zusammengeklebt werden, um als Spielfigur stehen zu können. Auf beiden Seiten der Figuren finden sich die Bilder jeweils spiegelverkehrt.

Ein Würfel gehörte im Original nicht zu dem Bogen dazu und musste gesondert organisiert werden. Man kann mit jedem gängigen 6er-Wüfel spielen und wenn man die Spielfiguren nicht besitzt, kann man auch kleine Zinnfiguren oder Spielhütchen aus anderen Spielen nehmen oder die Lurchi-Schlüsselanhänger-Figuren, die gelegentlich ohne Anhänger auf dem Sammlermarkt auftauchen. Auch mit den Lurchi-Freunden aus dem zweiten Lurchi-Würfelspiel geht es, wobei diese womöglich ein wenig groß sind.

Spielanleitung

Die Spielregeln sind denkbar einfach. Die Teilnehmeranzahl ist beliebig von 1 bis 5.

  • Wer zuerst die „1“ würfelt, darf starten. Wer startet, würfelt nochmals und setzt das eigene Fahrzeug auf die neu gewürfelte Zahl. Dann wird reihum gewürfelt.
  • Der Text bei den Spielnummern gibt die Anweisung für die Spieler vor. Dabei sind nur die Felder maßgeblich, auf denen man zum Halt kommt. Anweisungen auf feldern, die der Spieler beim Würfeln überspringt, müssen – im Gegensatz zum echten Straßenverkehr – nicht beachtet werden.
  • Wie in Wirklichkeit, wird oft nicht derjenige Spieler zuerst das Ziel erreichen, der stets Höchstgeschwindigkeit fährt (also beim Spiel
    5 oder 6 würfelt). Nicht nur im Verkehr gilt: „Sicherheit vor Schnelligkeit!“ Auch beim Lurchi-Spiel darf nicht bei 6, sondern bei der niedrigsten Augenzahl 1 nochmals gewürfelt werden.
  • Gewinner ist, wer als erster beim SALAMANDER-Schuhgeschäft ankommt. Werden am Schluß mehr Augen gewürfelt als erforderlich, um auf den Parkplatz 48 zu kommen, muss der Spieler so lange warten – nicht zurückfahren – bis die gewürfelte Augenzahl genau ins Ziel reicht.

Ähnliche Verkehrsspiele der Zeit

Die Sicherheit des Kindes im Augenmerk entsprach und entspricht der Marke Salamander. Doch der Konzern war nicht der erste mit einem Verkehrsregeln-Brettspiel. In und vor den 1950er Jahren gab es bereits einige Würfelspiele zur Verkehrserziehung auf dem Markt. Hier lohnt sich vor allem der Blick, ob das Salamander Spiel nennenswerte Anlehnungen an eines von ihnen zeigt.

„Augen Auf! Das neue Verkehrsspiel“ (Würfelspiel um 1938-1950)

Seit den 1930er Jahren war „Augen auf! Das neue Verkehrsspiel“ in den Kinderzimmern der Nation vertreten. Das Spiel aus dem Verlag J.W.Spear & Söhne in Nürnberg (auch als „Achtung! Das neue Verkehrsspiel“ in gleichen Verlag und als „Vorsicht! Das neue Verkehrsspiel“ mit anderem Spielbrett aber gleichen Regeln beim Klee Verlag) zeigt vor allem Gemeinsamkeiten im Aufbau des Spielbretts mit dem Parkplatz als Ziel oben rechts in der Ecke und einem Bahnübergang. Es gab sechs Figuren: Briefträger und Schutzmann, zwei Motorradfahrer und zwei Autos. Fußgänger, Zweiräder und Autos mussten wie im echten Leben unterschiedliche Routen nehmen und dabei die Verkehrsregeln beachten. Um möglichst realistisch zu sein, wurden die Würfelergebnisse von Fußgängern dabei sogar halbiert und gerundet. Hier hören die Gemeinsamkeiten allerdings auch schon wieder auf. Auch in anderen Verkehrsspielen lassen sich keine weiteren Anlehnungen an Regelwerk, Spielbrett oder Figuren finden.

Datierung und Wert

„Droschkenplatz“ (Altes Verkehrsschild gem. StVO bis 1970)

Die genaue Datierung des Spiels kann auf die frühen 1950er Jahre erfolgen. Sie ist allerdings nicht ganz eindeutig. Anders als viele gemeinsame Druckerzeugnisse ist das Spiel durch die Vereinigten Kunstanstalten Kaufbeuren weder mit Jahreszahl noch Auflage versehen. Die Firmierung als „Vereinigte Kunstanstalten AG“ passt jedoch ebenso in diese Zeit (1929-1979) wie das veraltete Taxistand-Verkehrsschild „Droschkenplatz“ (von 1937 bis 1970 in der StVO). Das Salamander-Emailleschild zur Außenwerbung mit der Schrift „Auf allen Wegen“ passt ebenfalls in diese Zeit.

„Halt“ und „Einbahnstraße“ (Alte Verkehrsschilder gem. StVO bis 1953)

Für eine Datierung bis 1953 spricht die in der StVO nur bis in dieses Jahr enthaltenen Versionen des Halt/Stopp-Schildes mit weißer Schrift auf blauem Grund in rotem Dreieck mit spitz zulaufender Spitze und das Einbahnstraßenschild mit rotem Pfeil (beide 1938 bis 1953). Auch Heinz Schubels frühestes Lurchi-Heft wird heute auf 1953 datiert. Ende des Jahres kam dann auch schon das neue, leicht modernisierte Salamander-Logo von Franz Weiss, das hier ebenfalls noch nicht verwendet wird. Die grobe Zeichnung der Figuren passt ferner nicht zu Heinz Schubels Stil, weshalb eine Datierung sogar vor 1953 möglich wäre. Schubel soll bereits seit 1951 für die Vereinigten Kunstanstalten an Lurchi gearbeitet haben.

Gegen diese frühe Datierung spricht, dass das Spiel bereits Lurchis Freundeskreis zeigt, der sich in dieser Form erst ab Heft 12 aus dem Jahr 1955 gefunden hatte. Besonders Unkerich war bis zu diesem Zeitpunkt kein festes Mitglied der Runde und Piping trug anfangs noch nicht seine rote Jacke sondern ein kariertes Oberteil. Stilistisch sind die Figuren also eher auf das Jahr 1955 zu datieren. Es wäre möglich, dass man in dem Verkehrserziehungsspiel trotz Novellierung der StVO die alten Verkehrszeichen belassen hat, da diese erst nach und nach im Stadtbild ausgetauscht wurden. Das allerdings würde dem Erziehungsanspruch von Salamander nicht uneingeschränkt entsprechen. Selbst bei der Schreibschrift in den Lurchi-Heften hatte man in der Neuauflage der Hefte auf die aktuelle, in den Schulen verwendete Version geachtet. Andersherum ist denkbar, dass Schubel die Lurchi-Figuren schon früher entwickelt oder die Zusammensetzung des Freundeskreises genau diesem Spiel entlehnt hat.

Sowohl eine Datierung auf die Jahre 1951 bis 1953 als auch auf die Jahre 1954 bis 1955 ist somit denkbar. Um 1954/55 erschien auch ein Brettspiel mit Lurchi, das gelegentlich ebenfalls auf das Jahr 1952 falsch datiert wird. Das zweite Spiel, das eindeutig aus der Feder Schubels stammt und in dem die Lurchi-Freunde einen Wettlauf veranstalten, erscheint gegenüber diesem Spiel deutlich ausgereifter. Die Spielfiguren sind nicht mehr so winzig und haben zusätzliche Holzsockel. Außerdem gibt es beim Wettlauf Figurenzeichnungen auf der Spielfläche, wohingegen das Verkehrszeichenspiel rein vom Spielbogen her nicht als Lurchispiel erkennbar ist und auch ganz ohne Salamander-Werbung funktionieren würde. Das Verkehrszeichenspiel dürfte damit das ältere sein. Das Verkehrszeichenspiel dürfte außerdem nicht lange im Verkauf gewesen sein, da die zwei genannten Verkehrszeichen ab 1953 ausgetauscht wurden und das Spiel somit direkt veraltet war. Spätere Auflagen mit neuen Schildern sind nicht bekannt.

Aufgrund seiner großen Seltenheit kann das Spiel auf dem Sammlermarkt heute Preise von 150 bis 180 Euro erzielen. Der Spielbogen allein kann in mittlerem bis gutem Erhaltungszustand bereits auf 100 Euro und mehr kommen. Wer das Glück hat, dass der Verkäufer den Lurchi-Bezug nicht erkennt, kann hier allerdings auch Schnäppchen für etwa 20 bis 45 Euro machen. Der Spielplan ist selten, aber wird immer mal wieder angeboten. Die Spielfigur-Pappen findet man einzeln quasi nicht mehr, weshalb sich auch kein Wert herausgebildet hat. Vermutlich wurden die kleinen Figuren oft einfach weggeworfen oder gingen beim Spielen kaputt.


Zur Lurchi-Übersicht | Literatur über Lurchi | Lurchi Spielsachen


Quellen und weiterführende Literatur

  • Eigene Sammlung und Recherchen
  • Dietwald Doblies: „Lurchi – ein Freundeskreis entsteht – Teil 3“ auf der Website des Zeichners (Stand 03/2012), abgerufen am 04.12.21
  • Dietwald Doblies: „Würfelspiel von Heinz Schubel“ auf der Website des Zeichners (Stand 03/2011), abgerufen am 04.12.21
  • Jänisch: „Heinz Schubel
  • Jänisch: „Salamander Blech- und Emailleschilder

Lange schallt’s im Walde noch:
Salamander lebe hoch!


Collection Heroes ist eine redaktionelle Seite, die sich mit eigener Sammlung und Forschung beschäftigt und zugleich eine Anleitung für andere Sammler und Forscher gibt. Alle Texte auf dieser Seite sind selbst recherchierte und verfasste Texte. Irrtümer und Änderungen vorbehalten. 

© Alle Abbildungen sind, soweit nicht anders gekennzeichnet, eigene Fotografien. Das Urheberrecht an der Gestaltung der abgebildeten Objekte liegt bei ihren jeweiligen Illustratoren und Produktgestaltern, die nach Möglichkeit und bester Kenntnis genannt werden. „Salamander“ und „Lurchi“ sind lange eingetragene Warenzeichen der Salamander AG und Salamander GmbH gewesen. Das Copyright der Illustrationen liegt bei Salamander, bzw. hinsichtlich der Lurchi-Bücher beim Esslinger Verlag. Lurchi ist seit 2023 eine Marke von Supremo. 

Kauf-, Tausch- oder Verkaufsanfrage zu einem der Objekte stellen.

Collection Heroes nimmt am Amazon und am ebay Partnerprogramm teil. Für qualifizierte Verkäufe erhält der Betreiber dieser Seite eine Provision, welche jedoch keinen Einfluss auf die redaktionelle Berichterstattung hat.